Umweltverschmutzung, Ressourcenknappheit und soziale Ungleichheit – viele Herausforderungen der Gegenwart sowie des Klimawandels bündeln sich in Städten - Nachhaltige Stadtentwicklung wirkt dem entgegen
Autor: Ilka Bröskamp
Städtischer Wohnraum ist begehrt. Laut einem Bericht der UN leben derzeit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Gebieten und dieser Wert soll bis 2050 auf rund 68% steigen. Die Folgen dieser ausgeprägten Urbanisierung sind Platzmangel, steigende Mietpreise, zunehmende Luftverschmutzung durch Industrie sowie Automobil-Verkehr als auch soziale Ungleichheit.
Darüber hinaus werden zunehmend die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Städte sichtbar. Hitzewellen, Überflutung, Dürre und Waldbrände sind die spürbaren Folgen. Dicht besiedelte urbane Lebensräume bringen somit eine Vielzahl an Herausforderungen mit sich, denen es mit nachhaltiger, inklusiver und resilienter Stadtentwicklung zu begegnen gilt. Doch wie genau sieht die zukunftsfähige Stadtplanung aus?
Was ist nachhaltige Stadtentwicklung?
Eine nachhaltige Stadtentwicklung verfolgt das Ziel, die Interessen sowie Bedürfnisse aller Einwohner*innen zu berücksichtigen und zeichnet sich gleichzeitig durch einen verantwortungsvollen Umgang mit vorhandenen Ressourcen aus. Darüber hinaus sollten sich Städte zunehmend für Klimakatastrophen wappnen, um diesen mit Resilienz zu begegnen und Auswirkungen zu minimieren.
Mit Blick auf Wohnraum, Arbeit, Freizeit, Umwelt sowie Mobilität gilt es, die Bedürfnisse aller Generationen einzubeziehen. Im Kern definiert sich nachhaltige Stadtentwicklung daher durch das Bestreben, städtischen Lebensraum so zu gestalten, dass er sowohl den Menschen als auch der Umwelt gerecht wird.
Konkrete Merkmale nachhaltiger Stadtentwicklung:
- Klimaresiliente Städte
- Inklusive Städte
- Nachhaltige Mobilität
- Vernetzte Städte
1. Maßnahmen für eine klimaresiliente Stadtentwicklung
Laut UN sind zwischen 1998 bis 2017 1,3 Millionen Menschen an den Folgen klimabedingter und geophysikalischer Katastrophen gestorben und es wurden wirtschaftliche Verluste in Höhe von 2,9 Billionen US-Dollar verursacht. Gemäß einem McKinsey Bericht befinden sich mehr als 90% aller städtischen Gebiete in Küstenregionen. Bis 2050 können somit mehr als 800 Millionen Stadtbewohner*innen von den Konsequenzen des Anstieges des Meeresspiegels betroffen sein. Darüber hinaus würden bis dahin 1,6 Milliarden Menschen dem Risiko extremer Hitzewellen (von heute 200 Millionen) und rund 650 Millionen Wasserknappheit ausgesetzt sein.
Risiko Hochwasser in städtischen Küstenregionen
Um den Klimawandel zu bekämpfen, sollten Städte der Zukunft McKinsey zufolge, zwei Arten von Maßnahmen ergreifen: Maßnahmen, um die Resilienz bzw. Anpassungsfähigkeit der Städte systematisch zu fördern sowie Maßnahmen, die vor Klimakatastrophen, wie Hochwasser, extremer Hitze, Dürre und Waldbränden schützen. Der Bericht "How cities can adapt to climate change" fordert, die Berücksichtigung dieser Maßnahmen vor allem in der Stadtplanung. Im Rahmen dessen sollte ebenfalls eine entsprechende Finanzierung und Bereitstellung von liquiden Mitteln im Falle von Katastrophen sichergestellt werden.
Frühwarnsysteme können zudem die Umsetzung der Maßnahmen beschleunigen und Protokolle Lerneffekte fördern. Der Einsatz von naturbasierten Lösungen wird besonders hervorgehoben. Dazu gehören zum Beispiel das Pflanzen von Bäumen gegen Hitzewellen oder das Management von Flusseinzugsgebieten. Bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Kinder, ältere Menschen, einkommensschwache Gemeinschaften, Minderheiten, Menschen mit Behinderung und Frauen seien dabei einem höheren Risiko ausgesetzt und sollten gesondert geschützt werden.
2. Inklusive Städte sowie nachhaltige Infrastrukturen
Städte sind nicht nur von Wachstum, sondern vor allem auch durch ihre Diversität geprägt. Nachhaltige Städte müssen daher Raum und Lösungen für alle unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen bieten. Dazu zählt auch Intergenerational Design, um Aging als Chance zu betrachten.
Unbegrenzt steigende Mietpreise sorgen aktuell in den meisten Städten dafür, dass einkommensschwache Haushalte sich ein Leben in der Stadt kaum noch leisten können. Sie werden so zunehmend aus der Stadt verdrängt oder müssen auf günstigere Wohngegenden ausweichen. So entstehen zwei durch Einkommen sowie Vermögen definierte Gesellschaftsschichten mit völlig unterschiedlichen Interessen sowie Bedürfnissen.
Nachhaltige Städte schaffen Wohnraum und Infrastrukturen, die für beide Gruppen attraktiv und gleichermaßen zugänglich sind. Der stetige Bau von erschwinglichen Sozialwohnungen ist ebenso von Bedeutung wie die Interessen von Investoren, die den Immobilienmarkt als Wertanlage begreifen. Auch der Zugang zu Kultur-, Sport- sowie Freizeitangeboten ist in einer nachhaltigen Stadt für alle gegeben.
Source & Copyright by Initiative Morgenstadt Frauenhofer IAO / LAVA
3. Mobilität, Verkehr und Transport nachhaltig gestalten
Zunehmende CO2-Belastungen und durch Staus verstopfte Straßen sollen in nachhaltig orientierten Städten der Vergangenheit angehören. Ein gut ausgebautes Netz öffentlicher Verkehrsmittel ist hier nur der Anfang. Im Rahmen der E-Mobilität ist vor allem auch der übergreifende Einsatz erneuerbarer Energien von Bedeutung. Auch Sharing Modelle können die Anzahl der Autos auf den Straßen reduzieren.
Fahrrad- sowie fußgängerfreundliche Stadtviertel wirken vor allem der Umweltbelastung entgegen und fördern einen nachhaltigeren Lebensstil. Die Priorisierung von Fahrrädern und E-Bikes durch den Bau von eigenen Fahrspuren oder Brücken, wie in Kopenhagen, gestalten den Straßenverkehr umweltfreundlicher und schaffen zusätzlich Anreize, auf das Auto zu verzichten.
La Paz / Bolivien Seilbahnnetz
Auf ähnliche Weise kann auch das öffentliche Netz gestärkt werden. Exklusive Busspuren, die Staus umfahren und Personen somit schneller von einem Ort zum anderen befördern, machen die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel deutlich attraktiver. In La Paz verbinden beispielsweise bis zu 30 km lange Seil- sowie Straßenbahnen hügelige, oftmals schwer erreichbare einkommensschwache Gemeinden mit der Innenstadt. Auch in Bezug auf den Straßenverkehr sorgt eine nachhaltige Stadtentwicklung also für deutlich mehr Inklusion.
4. Vernetzte Städte mit Zukunft in der Smart City
Intelligente Parkplätze, Bewässerungssysteme, Beleuchtungen, Mülleimer oder Bezahlsysteme sind technologiegestützte Systeme, die den Alltag der Bewohner*innen erleichtern sowie Städte nachhaltiger gestalten. In Smart Cities schalten sich Laternen nur dann ein, wenn Menschen hier die Straße entlanglaufen. Parkplätze erkennen wegfahrende Autos und leiten Parkplatzsuchende zu den frei gewordenen Plätzen. Grünflächen werden dann mit der passenden Wassermenge bewässert, wenn der Boden zu trocken ist. Mülleimer sind mit Sensoren ausgestattet, die melden, sobald der Behälter gefüllt ist. Mobile Bezahlmethoden verschaffen auch Menschen ohne Bankkonto oder Adresse die Möglichkeit, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen (z.B. Strom oder Wasser), zu denen sie sonst keinen Zugang hätten.
Nachhaltige Stadtentwicklung als Chance für die Zukunft
Die Vorteile nachhaltiger Stadtentwicklung sind deutlich zu erkennen: Sie bietet Chancen und Wege, Umweltzerstörung, Ressourcenknappheit sowie sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken. Um zukünftigen Entwicklungen und damit verbundenen Herausforderungen gewachsen zu sein, müssen sich nachhaltige Stadtkonzepte zunehmend durchsetzen.
NEWSLETTER
ANMELDUNG
Immer informiert über die neuesten Lifestyle Trends, Architektur, Design & Interior, sowie aktuelle Technologien rund um Nachhaltigkeit.
[ninja_form id=3]