Der Ästhet und Produktdesigner ist Gewinner des German Design Award 2020
Gunther Kleinert Produktdesigner & Fotograf
Produkt und Interior Designer, Gunther Kleinert ist Gewinner des German Design Award 2020 zusammen mit Ateliergemeinschaft Labsdesign Studio Hamburg für den Entwurf des modularen Sofaprogrammes “Volo” für Rolf Benz. Seine Fotografien sind ebenfalls preisgekrönt und er hat stets den Sinn & das Auge für das Besondere.
Bei uns spricht Gunther Kleinert über gutes Design und die Hinterfragung des Konsums
Mein persönlicher Stil ist grundsätzlich reduziert, gleichwohl mit gelegentlichen und gewollten Ausbrüchen, manchmal etwas lauter, zuweilen auch subtiler, oft humorvoll.
Dabei ist Ästhetik für mich eine ähnlich subjektive Kategorie wie etwa Humor. Ich empfinde alles als ästhetisch, was meine Sinne reizt und meinen Geist zum Nachdenken anregt. Die gemeinhin übliche Begrifflichkeit des „Schönen“ hat hier nicht zwingend Raum. Auch ist Luxus für mich nichts Materielles, sondern eher auf der höchsten Stufe der Maslowschen Bedürfnispyramide angesiedelt, der Selbstverwirklichung.
So bin ich dankbar, einen Beruf zu haben, der gleichzeitig Berufung und Passion ist, in dem ich frei denken und werkorientiert kreieren kann, wo es auch Raum gibt für die Entwicklung und Verfolgung eigener Kunstprojekte.
"Ich achte darauf, bei aller Alltagshektik immer wieder auch die wahren Luxusgüter Zeit und Muße zu genießen"
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Produktdesign
Produktdesign und Nachhaltigkeit sind im Idealfall zwei Seiten einer Medaille. Produkt-/ Industriedesign muss schon in einem frühen Stadium der Produktentstehung einen Weg beschreiten, der nachhaltig ist z.B. durch ressourcenschonenden und -verwendenden Einsatz von Materialien.
Hier mag ein kleines und niedrig komplexes Beispiel dienen, zu demonstrieren, was ich meine: Mein Beistelltisch „Tavo“ ist im Studio Labs entstanden. Der Hauptfokus lag bei der Planung auf einem leider langsam aussterbenden Handwerk, dem Drechseln. So wunderbar poetisch der Gedanke auch sein mag, einen Tisch komplett aus einem Baumstamm zu drechseln, so unsinnig wäre eine solche Realisierung auf der anderen Seite.
Abgesehen von der Tatsache, dass der Tisch dann durch die Beschaffenheit des Holzes in dem Fall seine Form nicht halten könnte und reißen würde, wäre es auch eine große Materialverschwendung. Der Tisch sieht zwar aus, als wäre er massiv aus einem Stück, er ist es aber nicht. Die Ablage ist gesondert gedrechselt und auf den Sockel aufgesetzt. Nimmt die Ablage einmal Schaden, kann sie ausgetauscht werden, ohne dass gleich der ganze Tisch gefertigt werden müsste. Es ist auch die Aufgabe von Designern, Impulse zu geben z.B. für die Entwicklung und Erforschung neuer, nachhaltiger Materialien.
Entwurf des modularen Sofaprogrammes “Volo” für Rolf Benz
Nachhaltigkeit wird bei mir gelebt durch die permanente Hinterfragung meines Konsums
Ich kaufe bewusster ein und meide unnötig verpackte Waren. Ich bin ein großer Freund des Reparierens wertiger Gegenstände. Deshalb bevorzuge ich produzierende Unternehmen, die nicht nur nachhaltige Konzepte hinsichtlich verwendeter Materialien, Materialbeschaffung, Produktion und effizienter Logistik (kurze Lieferwege) verfolgen, sondern auch ihre Produkte so gestalten, dass Verschleißteile austauschbar sind.
Gutes Industriedesign zeichnet sich auch durch Einfachheit und Reparierbarkeit aus
Vor 2 Jahren habe ich einen über 30 Jahre alten Plotter gekauft, mit dem ich künstlerische Projekte erstelle. Seit den frühen 90er Jahren werden diese Plotter nicht mehr gebaut. Sie wurden damals von den Tintenstrahldruckern abgelöst. Meine Erwerbung für ganz kleines Geld läuft nach über 30 Jahren noch „wie am Schnürchen“ und ist faszinierend simpel aufgebaut. Wohl hat es einige Wochen gedauert, bis ich den „alten“ Plotter mit einem PC von heute ansteuern konnte, aber letztlich hat es funktioniert.
Ich habe noch nie ein Auto besessen und bewege mich innerhalb Hamburgs problemlos mit dem ÖPNV oder mit dem Fahrrad. Wenn ich doch mal ein Auto benötige, leihe ich mir eines oder nutze Carsharing-Angebote. Ich fahre auch gerne Bahn, nicht zuletzt auch, weil ich so das geschenkte Luxusgut „Zeit“ nutzen kann für gute Gedanken, und ganz wichtig: für Notizen und Skizzen. Klar, dass ein Notizbuch für angewandte Gestaltung und eines für Kunst immer mitreisen.
Das besondere an meinem Produkt Design ist, dass ich es lieber anderen überlasse, das zu bewerten oder zu beurteilen
Dabei schöpfe ich meine Inspiration aus allen Bereichen der angewandten und freien Künste, aber auch aus dem Alltag. Den Austausch mit Kollegen, die teils einen anderen Hintergrund und Werdegang haben, erlebe ich als sehr befruchtend. Ich will immer meine Sinne nach vielen Seiten offen halten, auch für das, was zunächst einmal vordergründig nicht mein Interesse wecken würde. Inspiration bekomme ich auch, wenn ich parallel Unterschiedliches gestalte und mich divers darauf einlasse. Dabei ergeben sich automatisch Synergien.
Meine Tipps für eine minimalistische Einrichtung:
Generell konkrete Tips zu geben ist natürlich schwierig, weil jeder u.U. ein anderes Verständnis von minimalistischer Einrichtung hat und Raumgegebenheiten immer anders sind.
„In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“. J.W.Goethe. Wenn also weniger mehr ist, bedarf dieses Wenige umso mehr der Aufmerksamkeit
- Details werden augenscheinlicher: Wenn es um reduzierte oder minimalistische Einrichtung geht, wird also das (noch) Vorhandene immer wesentlicher, maßgeblicher.
- Hochwertige und echte Materialien: Deshalb verwenden wir immer hochwertige oder sagen wir „echte“ Grundmaterialien und keine Nachbildungen. Echtholzparkett oder hochwertige Textilien z.B. kommen so in einem reduzierten Umfeld visuell und haptisch viel stärker zur Geltung.
- Weiß ist nicht gleich weiß: Bei Wandfarben kann also mit leichten Abstufungen gearbeitet werden.
- Wichtig sind immer die Sichtbezüge: Was sehe ich, wenn ich durch Räume gehe? Was passiert mit dem Tageslicht, wie verläuft es? Lassen sich Dinge durch natürliches Licht oder Schatten inszenieren und hervorheben? Ich verweise hier unbedingt auf John Pawson.
Trends entstehen für mich, zum einen aus gesellschaftlichen Entwicklungen z.b. wie leben und arbeiten wir zukünftig. Der Trend als Begriff ist ambivalent und oft inflationär gebraucht. Man sollte sich auch immer fragen, wie weit man auf Trendwellen mitschwimmen will. Ich empfinde oft in der Fülle von „Trendigem“ das „Untrendige“ oder weniger Beachtete als viel spannender.
Gunther Kleinert, The Fabrics Series
Von Gunther Kleinert darf man auch 2020 auf Neues gespannt sein
Mein nächster Schritt sind neue Produkt- und Interiordesign-Projekte im Studio Labs. Außerdem werde ich weiter an meinen künstlerischen Projekten bzw. Serien „I can see music“ und „The sound of…“ arbeiten, bei denen ich mich mit der Sichtbarmachung von Hörbarem (Musik, Geräusch, Sound) beschäftige und Wege suche, diese auch in die dritte Dimension zu überführen.
Gunther Kleinert_Bohemian Rhapsody
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