Die begehrte Designerin spricht über ihren persönlichen Stil und warum ihre Leidenschaft für Holz und Vintage der Inbegriff von Sustainable Design sind
Im Interview mit Gesa Hansen, Founder "The Hansen Family"
Quelle & Copyright by Gesa Hansen
Autor: Haus von Eden
Die in Paris lebende deutsch-dänische Designerin steht für New Scandinavian Design und Future Vintage. Ihre handgefertigten Entwürfe werden unter ihrem 2009 gegründeten Label „The Hansen Family“ lanciert und sind mehrfach preisgekrönt. Eine Marke mit starkem Sinn für Handwerkskunst. Das Atelier von Gesa Hansen befindet sich in der grünen Lunge von Paris, dem Wald von Fontainebleau, und beweist einmal mehr ihre Liebe zum Werkstoff Holz. Ihre Designs sind geprägt von ihrem Studium an der Bauhaus-Universität, der NZU Nagoya University of Arts in Japan und ihren Arbeitserfahrungen in Frankreich.
Heute arbeitet sie für namhafte Möbel-, Gastronomie- und Designunternehmen wie Villeroy & Boch, Pierre Frey, ORSO Hotel Group, Bauwerk, Sid Lee, Dom Perignon, Le Mont Saint Michel und Armani. Für ihren Mann Charles Compagnon gestaltete sie kürzlich das „Café Compagnon“ in Paris. Inspiriert von den Skizzen seines Großvaters, des Bildhauers Carlos Ferreira de la Torre. Mit uns spricht die dreifache Mutter über ihren persönlichen Stil und warum ihre Passion für Holz und Vintage der Inbegriff von Sustainable Design sind.
"Es gibt bestimmte Dinge in der Zukunft, die andere Dinge besser machen, aber durch diesen Progress verliert man auch etwas - Ich stehe für Tradition, da ich bestimmte Werte nicht verlieren möchte"
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Was bedeutet für Dich Sustainable Design?
Ich finde zu Sustainable Design gehört sehr vieles: Vom Produktionsprozess über den Direktverkauf und Versand hin zur Langlebigkeit des Produktes. Ich habe für mich schon früh entdeckt, dass Holz ein wunderbarer Werkstoff ist. Er kann lokal gewonnen werden, hat viele Charakteristika und man kann alles daraus formen. Ich habe mich vor zehn Jahren auch dafür entschieden nur mit zertifiziertem Massivholz zu arbeiten. Ich wollte eine kleine Produktion, in der ich selbst alles kontrollieren kann. Somit source ich mein Holz immer lokal aus meinen eigenen Produktionsstätten; eine in Deutschland und eine in Litauen, bei meinem Bruder.
Im Großen und Ganzen denke ich, Sustainable Design bedeutet, dass Sachen über Generationen andauern. Ich lebe mit vielen Möbeln von meinem Großvater und Urgroßvater. Ich habe zum Beispiel eine Bank, die sogar von meinem Großvater gefertigt wurde. Dass ein Design jeden Trend und Generationen übersteht, das ist für mich nachhaltig. Ich versuche bei meinen Interior Design Projekten so viel wie möglich mit Vintage zu arbeiten. Es gibt so viele Vintage Möbel, die eine unglaubliche Qualität haben und die man heute nur ganz selten findet. Ökologischer geht es für mich eigentlich nicht.
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Was ist Deine Design Message?
Als Deutsch-Dänin habe ich einen klaren skandinavischen Stil. Jedes Mal, wenn ich versuche anders zu designen, wird es wieder skandinavisch. Ich designe für Menschen die Massivholz lieben und sich einen Tisch kaufen, der über mehrere Generationen in der Familie bleibt. Dabei können die Designs aufgrund ihrer Zeitlosigkeit auch angepasst werden. Man kann mit Farbe arbeiten oder bei einem Tisch die Fächer austauschen. Das nenne ich Future Vintage. Dabei geht es hauptsächlich um die hohe Qualität von Möbeln. Ich sammle und verarbeite auch privat Vintage Möbel für mein Zuhause. Das ist eine große Leidenschaft von mir.
Was war das letzte Möbelstück, das Du gekauft hast?
Ein Unglaubliches Möbelstück: Ein Børge Mogensen Chair von Fredericia - nämlich den Spanish Chair. Ich liebe dieses dänische Möbellabel, die sind unglaublich nachhaltig. Den Stuhl habe ich Vintage gekauft und er ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich selbst noch immer keinen Sessel entworfen habe. Ich denke mir: "Braucht diese Welt noch einen neuen Sessel?" Irgendwann werde ich es wohl trotzdem tun. Es wird aber schwer sein, ein Gegenstück zu meinen Design-Icon zu kreieren.
Du bist Multikulti in jedweder Hinsicht, wie spiegeln sich all diese Einflüsse in Deinen Designs wider?
Die Arbeit, die in die Herstellung eines Möbelstücks gesteckt wird, hat für mich eine unglaubliche Wertigkeit. Das habe ich vor allem in Japan gelernt. Die Zeit und Zuwendungen, die man dort der Fabrikation von Möbeln schenkt und der Prozess der ewigen Wiederholung, hat im japanische Craftsmanship eine ganz andere Bedeutung. Es wird nach Perfektion gesucht. Diese Skills und Craft-Technics als Wert an dem Produkt anzuerkennen, finde ich sehr wichtig im Sinne von New Luxury.
Schön finde ich es auch eine Patina zu erkennen, weil ich die Spuren der Vergangenheit sehe und diese schön finde. Audrey Hepburn hat in einem Interview mal gesagt, man solle bloß nicht ihre Falten retuschieren, denn jede Falte habe sie sich mühsam verdient. Diese Denkweise hat mir unheimlich weitergeholfen. Menschen akzeptieren langsam diese Patina und dass ein Material altert. Ich persönlich finde Möbel werden mit dem Alter immer schöner.
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Wie würdest Du Dein persönlichen Stil beschreiben?
Auf der einen Seite habe ich diese skandinavische DNA. Für skandinavische Menschen sind Möbel unheimlich wichtig. Ich merke das auch bei meiner Familie. Die Vererbung von Möbeln und auch von Lichtern gibt es dort einfach schon immer. Und ebenfalls beeinflusst mich stark meine Zeit in Japan und der dortige rustikale Minimalismus. Meine beiden Einflüsse sind somit Skandinavien und Japan. Ich habe am Bauhaus studiert und dort haben wir gelernt, minimalistisch und klar zu designen, aber nach dem deutschen Minimalismus.
Der deutsche Minimalismus ist geprägt von Stahl und glatten Oberflächen. Der japanische Minimalismus hingegen fokussiert sich auf natürlichen Materialien, die altern und Struktur haben. Ein weitere große Quelle der Inspiration war für mich das Goethe Haus. Weil dort jedes Zimmer eine andere Farbe hatte. Ich habe erkannt, dass Farben unglaublich zeitlos sein können. Als ich am Bauhaus war, habe ich die Farbenlehre von Josefs Albers kennengelernt. Demnach ist es das Wichtigste zu verstehen, dass man Farben völlig unterschiedlich wahrnimmt, je nachdem neben welchen anderen Farben sie platziert sind.
Jede Farbe lässt sich im Kontext völlig neu erfinden. Deshalb liebe ich auch meine Arbeit als Farbdesigner bei Villeroy & Boch. Meine Eltern haben mich mein Zimmer immer selbst streichen lassen. Ich habe irgendwann als Teenager alles rot gestrichen. Daraufhin hatte ich eine Phase wo ich sehr irritiert, ärgerlich und genervt war. Jetzt lache ich darüber: Rot ist halt eine sehr starke emotionale Farbe.
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Wo siehst Du Die Grenzen der Nachhaltigkeit in der Designindustrie?
Zum Einen müssen Designer*innen eine gewisse Verantwortung übernehmen. Ich bin daher auch sehr reduziert, was neue Produkte angeht. Ich frage mich jedes Mal: "Muss das jetzt sein"? Ich finde, man muss sich als Designer*in wirklich überlegen, ob das Produkt wirklich nötig ist. Auf der anderen Seite sehe ich die Verantwortung auch bei den Konsument*innen. Wenn Konsument*innen weniger kaufen würden, dann würde das natürlich auch viel ändern.
Die Welt braucht einfach nicht mehr so viele Produkte und es muss nicht immer neu sein, man kann auch ältere Sachen einsetzen. Ich persönlich produziere stets nachhaltig. Das sind dann auch nur Sachen, bei denen ich denke, dass sie es wert sind. Ich habe zudem das Glück meine eigene Produktion zu haben und immer lokal herstellen zu können.
Handwerkskunst vs. Innovation, wie verbindest Du das?
Ich glaube, jede Zeit braucht seine Future Designer*innen. Es gibt viele, die mit genialen und neuen Materialien arbeiten, wie Bjarke Ingels. Dabei werden tolle neue Ressourcen geschaffen, aber ich gehe persönlich eher in eine andere Richtung. Es gibt bestimmte Dinge in der Zukunft, die andere Dinge besser machen, aber durch diesen Progress verliert man auch etwas. Deswegen stehe ich für Tradition, da ich bestimmte Werte nicht verlieren möchte. Es muss ganz sicher diese innovativen Designer*innen geben und ich bewundere sie als Vorreiter*innen, aber ich stehe einfach auf die Seele des Holzes. Das ist für mich wie Poesie!
Wie meisterst Du das Leben als Designerin mit drei Kindern?
Mein Mann arbeitet als Restaurateur sehr viel und ist fast nie da. Ich werde von meinen Eltern viel unterstützt. Ich glaube, man muss für sich selbst Raum schaffen und man darf kein schlechtes Gewissen haben, andere miteinzubeziehen. Sonst wird es zum Kreativitätskiller. Ich habe außerdem nie aufgehört zu arbeiten und immer weiter gemacht. Dieses Recht habe ich mir genommen. Ich denke, das ist mein Geheimnis.
Vielen Dank für das Interview Gesa Hansen
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