Bosco Verticale: Sind Waldtürme die Zukunft des nachhaltigen Designs?

Immer mehr Menschen zieht es in die Stadt und immer mehr Grünfläche muss Platz machen - Bewaldete Hochhäuser sollen eine Lösung für das Problem darstellen

Bosco Verticale urbaner Wald Hochhäuser Grünfläche
Source & Copyright by Boeri Studio

Autor: Hanna Lina Werner

Der Bosco Verticale in Mailand ist ein vertikaler Wald von 7.000 Quadratmetern mit über 900 Bäumen und mehr als 20.000 Pflanzen. Das klingt beim ersten Hören ziemlich märchenhaft und so sieht er tatsächlich auch aus. Der Bosco Verticale, der die Zwillingstürme in Mailands Stadtviertel Porta Nuova zu den innovativsten Hochhäusern der Welt macht. Bereits 2014 wurden die zwei Hochhaus-Wälder in Mailand mit dem Hochhauspreis ausgezeichnet sowie für ihre zukunftsweisende Gestaltung gelobt.

Diese Vorteile haben die bewaldeten Hochhäuser des Bosco Verticale

Die Bewohner der Bosco Verticale Zwillingshochhäuser profitieren durch eine deutliche Verbesserung des Mikroklimas in ihren Wohnungen sowie auf ihren Balkonen von den Pflanzen und Bäumen des vertikalen Waldes. Ein reduzierter Energieverbrauch sowie geringere Auswirkungen von Hitze-Inseln im Sommer, verleihen den beiden Waldhochhäusern große Popularität. Der ökologische Nutzen der bewaldeten Hochhäuser entsteht vor allem aus der Absorption von Kohlendioxid sowie der Produktion von Sauerstoff durch die Begrünung.

Die zwei Wolkenkratzer vereinen außerdem eine enorme Wohnfläche unter einem Dach, sodass einer Zersiedelung und damit einer weiteren Ausbreitung der Stadt in die unmittelbare Umgebung vorgebeugt wird. Das nachhaltige Design des vertikalen Waldes in Mailand hat außerdem einen großen Einfluss auf die Biodiversität in Städten. Die Bäume und Pflanzen bieten sowohl Insekten als auch Vögeln einen idealen Lebensraum, der in urbanem Umfeld rar geworden ist. Auch ist in diesem eine Weiterentwicklung hinsichtlich Vertical Farming vorstellbar.

Bosco Verticale Aussicht vom Balkon des bewaldeten Hochhauses

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Kritik: Bäume auf Hochhäusern sind kein Wald

Während vertikale Wälder international immer mehr an Beliebtheit gewinnen, kritisieren Umweltschützer diesen nachhaltigen Design-Trend scharf. Denn die Begrünung von Hochhäusern stellt keineswegs ein Argument dar, weitere Grünflächen in Städten zu zerstören sowie zu bebauen. Kein Bosco Verticale der Welt kann Ersatz für einen echten Wald oder eine natürliche Grünfläche sein, so die Gegenstimmen.

Auch über die anfallende CO2-Bilanz für Transport, Montage, Aufbau sowie Erhaltung der Bäume in schwindelerregender Höhe, gibt es bisher keine genauen Zahlen. Es ist also nicht klar, ob die Rechnung überhaupt aufgeht. Und ob für die Bäume auf Hochhäusern nicht vielleicht sogar mehr CO2 verbraucht wird, als sie selbst in ihrem Leben wieder absorbieren können.

 

Bosco Verticale Stadtbild von der Seite

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Diese Bedeutung hat der Bosco Verticale für die Zukunft des Urban Designs

Während Städte wie Singapur bereits mehr und mehr auf grünes Design bei neuen Gebäuden setzen, könnte urbanes Design in Zukunft viel öfter auf Wohnformen, wie den Bosco Verticale setzen. Ein idealer Weg, um auf den immer begrenzteren Wohnraum in Großstädten zu reagieren sowie gleichzeitig grüne Oasen für deren Bewohner zu erschaffen. Nachhaltigkeit im Design und Energie- sowie Kosteneffizienz sind also mehr als zukunftsweisend im urbanen Design.

Auch der Zugewinn an Biodiversität spielt eine wichtige Rolle im städtischen Design. Sie könnte durch begrünte Hochhäuser langfristig gesichert werden. Eine Kombination aus bepflanzten Wolkenkratzern und angeschlossenen Parks sowie Grünflächen bietet großes Potential, um die Begrünung von Großstädten wieder mehr in den Fokus des Stadtdesigns zu rücken. Weiter würde auch die Lebensqualität davon profitieren.

Weltweit inspiriert vom Bosco Verticale

Auch die Stadt Nanjing in China baut seinen ersten Bosco Verticale. Das Team des Mailänder Architekten Boeri entwickelte zwei Türme, die sogar noch höher, als die Zwillingshochhäuser in Mailand werden sollen. Dies könnte ein erster Schritt sein, um auch in China das nachhaltige Design von Städten mehr voranzutreiben. Außerdem nimmt dies einen positiven Einfluss auf den hohen CO2-Ausstoß der chinesischen Städte.

Boeris Vision bewegt sich jedoch in weitaus größeren Dimensionen. Er plant aktuell in der chinesischen Millionen Stadt Liuzhou eine Waldstadt aus bis zu 200 Gebäuden. Bis zum Jahr 2050 werden voraussichtlich 66% der Weltbevölkerung in Städten leben.  Der Mailänder hofft durch sein nachhaltiges Hochhaus Design vor allem der Natur in den Städten wieder einen Platz zurückzugeben. Damit die immer weiter wachsenden Metropolen nicht immer mehr der grünen Umgebung weichen müssen.

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