Bio-Architektur nimmt sich ein Beispiel an der Natur

Nachhaltig und fortschrittlich: Bio-Architektur ist von der Funktionalität und Formensprache der Natur inspiriert und erschafft so neue Lebensräume, die gut für Mensch und Umwelt sind

Bio-Architektur
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Autor: Haus von Eden

Die Natur bietet für vieles die beste Lösung! Bio-Architektur, auch bekannt als organische oder biomimetische Architektur, orientiert sich daher an den Prinzipien der Natur. Architekt:innen, die diesen Ansatz verfolgen, lassen sich von den Formen, Mustern und Prozessen der Natur inspirieren, um innovative Lösungen für komplexe Designprobleme zu finden. Indem sie die Schönheit und Effizienz natürlicher Systeme nachahmen, schaffen sie Bauwerke, die nicht nur optisch überzeugen, sondern auch mit einem gesunden Raumklima, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz punkten.

Ob es sich um die Struktur eines Baumstamms, die Symmetrie einer Blüte oder die Aerodynamik eines Vogelschwanzes handelt, die Natur bietet eine unendliche Quelle der Inspiration für kreative und funktionale Designs.

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Geschichte der Bio-Architektur

Die Wurzeln der Bio-Architektur reichen bis in die Antike zurück, als Architekten versuchten, ihre Bauwerke an die natürliche Umgebung anzupassen. Im 20. Jahrhundert gewann dieser Ansatz dann durch Pioniere wie Frank Lloyd Wright, Antoni Gaudí und Frei Otto neue Bedeutung. Wright, der als Vater der organischen Architektur gilt, entwarf Gebäude, die sich harmonisch in die Landschaft einfügten und natürliche Materialien wie Stein oder Holz verwendeten.

Gaudí, der berühmte katalanische Architekt, ließ sich von den Formen und Strukturen der Natur inspirieren, was in seinen einzigartigen und skulpturalen Bauwerken wie der Sagrada Familia in Barcelona deutlich wird. Frei Otto, ein deutscher Architekt und Strukturingenieur, erforschte die Anwendung natürlicher Prinzipien in der Architektur und gilt als Vordenker des Leichtbaus.

In den letzten Jahrzehnten hat die Bio-Architektur dank technologischer Fortschritte und einem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz einen enormen Aufschwung erlebt. Architekt:innen auf der ganzen Welt integrieren nun biologische Prinzipien in ihre Entwürfe, um Gebäude zu schaffen, die nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch energieeffizient und umweltfreundlich sind.

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Prinzipien der biomimetischen Architektur

Die Bio-Architektur basiert auf mehreren Grundprinzipien, die von der Natur abgeleitet sind:

  1. Integration in die Umgebung: Bio-Architektur strebt danach, Gebäude harmonisch in ihre natürliche Umgebung zu integrieren, anstatt sie davon zu isolieren. Dadurch entsteht eine Symbiose zwischen Architektur und Landschaft.
  2. Natürliche Formen und Muster: Architekt:innen lassen sich von den organischen Formen, Mustern und Strukturen der Natur inspirieren, um ästhetisch ansprechende und funktionale Designs zu schaffen.
  3. Natürliche Materialien: Es werden bevorzugt natürliche, erneuerbare und recycelbare Materialien wie zum Beispiel Holz, Stein, Lehm oder Bambus verwendet, die eine geringere Umweltbelastung verursachen.
  4. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit: Bio-Architektur zielt darauf ab, Energie und Ressourcen effizient zu nutzen und die Umweltbelastung zu minimieren, indem sie passive Strategien wie natürliche Belüftung, Belichtung und Wärmeisolierung integriert.
  5. Bioklimatisches Design: Gebäude werden so entworfen, dass sie sich an die lokalen klimatischen Bedingungen anpassen und die natürlichen Energien wie Sonne, Wind und Regen optimal nutzen.
  6. Ganzheitlicher Ansatz: Bio-Architektur betrachtet Gebäude nicht als isolierte Objekte, sondern als Teil eines größeren Ökosystems, das die Beziehungen zwischen Mensch, Architektur und Natur berücksichtigt.

Durch die Anwendung dieser Prinzipien schafft die Bio-Architektur Räume, die nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch gesund, nachhaltig und in Einklang mit der Natur sind.

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Natürliche Materialien in der Bio-Architektur

Eine der Säulen der Bio-Architektur ist die Verwendung natürlicher, erneuerbarer und recycelbarer Materialien. Im Gegensatz zu konventionellen Baumaterialien wie Stahl, Beton und Kunststoffen haben diese Materialien eine geringere Umweltbelastung und tragen zu einer nachhaltigeren Bauweise bei. Einige der häufig verwendeten natürlichen Materialien in der Bio-Architektur sind:

  1. Holz: Ein nachwachsender und vielseitiger Baustoff, der in verschiedenen Formen eingesetzt werden kann. Holz bietet nicht nur eine tolle, natürliche Ästhetik, sondern ist auch ein guter Wärmeisolator.
  2. Stein: Natürliche Gesteine wie Granit, Schiefer und Sandstein werden für Fundamente, Wände und Böden verwendet. Sie sind langlebig, feuerfest und erfordern wenig Wartung.
  3. Lehm: Ein uraltes und nachhaltiges Material, das aus Erde, Sand, Wasser und manchmal Stroh oder anderen natürlichen Fasern besteht. Lehm bietet gute Wärmeisolation, reguliert die Luftfeuchtigkeit und ist leicht zu verarbeiten.
  4. Bambus: Ein schnell nachwachsender Werkstoff, der leicht, stabil und biegsam ist. Bambus kann für Böden, Wände und Möbel verwendet werden.
  5. Kork: Die Rinde der Korkeiche ist ein natürlicher Dämm- und Isolierstoff, der häufig für Böden, Wände und Dächer verwendet wird.
  6. Schilf und Stroh: Diese nachwachsenden Materialien dienen als Dämmstoffe und werden für Dächer und Wände eingesetzt.

Neben diesen Baumaterialien integrieren Bio-Architekt:innen häufig auch lebendige Pflanzen wie Bäume oder Sträucher in ihre Designs, um eine enge Verbindung zwischen Innen- und Außenraum zu schaffen.

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Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in der biomimetischen Architektur

Ein zentrales Anliegen der Bio-Architektur ist es, Gebäude zu schaffen, die nachhaltig und energieeffizient sind. Indem sie erneuerbare Ressourcen und innovative Technologien nutzen, kann der Energieverbrauch von Gebäuden minimiert werden. Einige der Strategien, die in der Bio-Architektur zur Steigerung der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz eingesetzt werden, sind:

  1. Passive Solarenergie: Gebäude werden so ausgerichtet und gestaltet, dass sie die Sonneneinstrahlung optimal nutzen können. Große Fensterflächen, Wintergärten und Atrien ermöglichen eine natürliche Belichtung und Beheizung.
  2. Natürliche Belüftung: Durch die Positionierung von Fenstern und Öffnungen wird ein natürlicher Luftstrom erzeugt, der das Gebäude kühlt und belüftet, ohne dass energieintensive Klimaanlagen benötigt werden.
  3. Wärmeisolation: Dicke Wände aus Materialien wie Lehm, Holz oder Stroh bieten eine hervorragende Wärmeisolation, wodurch der Energieverbrauch für Heizung und Kühlung reduziert wird.
  4. Grüne Dächer und Fassaden: Bepflanzte Dächer und Fassaden verbessern die Isolierung, regulieren die Temperatur und filtern Schadstoffe aus der Luft.
  5. Regenwassernutzung: Regenwasser wird gesammelt und für die Bewässerung von Gärten, Toilettenspülungen oder andere Zwecke genutzt, wodurch der Frischwasserverbrauch reduziert wird.
  6. Erneuerbare Energien: Viele Bio-Architekturprojekte integrieren Technologien wie Solarzellen, Windturbinen oder Geothermie, um den Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen zu decken.

Durch die Kombination dieser Strategien schaffen Bio-Architekt:innen Gebäude, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch kostengünstig im Betrieb sind und den Bewohner:innen ein gesundes sowie komfortables Lebensumfeld bieten.

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Beispiele für innovative Bio-Architekturprojekte

Die Bio-Architektur hat in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erlebt. Hier sind einige Beispiele für innovative Projekte:

1. Eastgate Centre in Harare, Simbabwe

Das von dem Architekten Mick Pearce entworfene Eastgate Centre in Simbabwe, ist ein wegweisendes Beispiel für Bio-Architektur. Das 1996 fertiggestellte Einkaufs- und Bürogebäude wurde von den ausgeklügelten Belüftungssystemen eines Termitenhügels inspiriert. Termitenhügel regulieren schließlich ihre Temperatur durch ein Netzwerk aus Luftkanälen, das Wärme abführt und Frischluft zirkulieren lässt. Dieses Prinzip wurde auf das Eastgate Centre übertragen, wodurch eine natürliche Klimatisierung möglich ist. Das Gebäude nutzt passiv Belüftung und thermische Masse, um die Temperaturen im Inneren stabil zu halten.

Während des Tages speichern die dicken Wände Wärme, die nachts durch eine kontrollierte Luftzirkulation abgegeben wird. Dadurch bleibt es im Gebäude kühl, ohne dass eine traditionelle Klimaanlage notwendig ist.  Dank dieser innovativen Technologie verbraucht das Eastgate Centre etwa 90 % weniger Energie für die Klimatisierung im Vergleich zu ähnlichen Gebäuden. Dies führt nicht nur zu erheblichen Kosteneinsparungen, sondern reduziert auch den ökologischen Fußabdruck des Bauwerks. Mit seiner nachhaltigen und naturinspirierten Bauweise gilt das Eastgate Centre als Vorbild für umweltfreundliches Design in heißen Klimazonen und zeigt, wie die Architektur von der Natur lernen kann.

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2. Water Cube in Peking, China

Der Water Cube in Peking, offiziell bekannt als National Aquatics Center, ist ein perfektes Beispiel für biomimetische Architektur. Er wurde von PTW Architects für die Olympischen Spiele 2008 entworfen. Das Design basiert auf einem mathematischen Modell, das die Anordnung von Wasserblasen in Schaum nachbildet. Diese Struktur, bestehend aus doppelwandigen ETFE-Membranen (Ethylen-Tetrafluorethylen), verleiht dem Gebäude nicht nur seine futuristische Ästhetik, sondern bietet auch funktionale Vorteile: Die Membranen sind extrem leicht, lichtdurchlässig und wärmeisolierend, was den Energieverbrauch des Gebäudes erheblich reduziert.

Im Inneren sorgt die Struktur für ein helles Ambiente und eine natürliche Regulierung von Temperatur und Feuchtigkeit. Diese nachhaltigen Eigenschaften machen den Water Cube zu einem energieeffizienten Bauwerk, das modernste Technik mit der Schönheit der Natur verbindet. Nach den Olympischen Spielen wurde das Gebäude umgestaltet, um es als Freizeit- und Wasserpark für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen.

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3.Taisugar Circular Village in Tainan, Taiwan

Das Taisugar Circular Village (TCV) in Taiwan ist ein innovatives Projekt, das nachhaltige Architektur und Kreislaufwirtschaft miteinander verbindet. Entwickelt von Bio architecture Formosana, steht das Dorf als Modell für zukunftsweisendes Wohnen und ökologisches Bauen. Das Design folgt einem ganzheitlichen Ansatz, bei dem die Prinzipien der Nachhaltigkeit sowohl in der Bauweise als auch in der Nutzung berücksichtigt werden.  Die Struktur des Taisugar Circular Village basiert auf modularen Holzelementen, die vollständig recycelbar sind. Die Gebäude nutzen zudem passive Belüftungs- und Beleuchtungssysteme, die den Energiebedarf drastisch reduzieren. Darüber hinaus wird Regenwasser gesammelt und aufbereitet, um die Wassernutzung effizient zu gestalten, während Solarenergie die Stromversorgung übernimmt.

Das Konzept des "Kreislaufs" zeigt sich auch in der Integration von Gemeinschaftsgärten, die sowohl der Nahrungsmittelproduktion als auch der Förderung sozialer Interaktion dienen. Bewohner:innen werden aktiv in den nachhaltigen Lebensstil eingebunden, beispielsweise durch Mülltrennung und die Nutzung erneuerbarer Ressourcen. Das Taisugar Circular Village zeigt, wie Wohnräume gestaltet werden können, um sowohl der Umwelt als auch den Menschen zu dienen.

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Fazit: Die Natur ist der beste Baumeister

Seit der Antike ahmen die Menschen die Prinzipien der Natur bei der Gestaltung von Gebäuden nach. Moderne Bio-Architektur kann zudem auf innovative Fertigungstechniken und wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen. Diese machen es möglich, funktionale, energieeffiziente und ästhetisch ansprechende Gebäude zu entwerfen, die allen Anforderungen in Sachen Nachhaltigkeit gerecht werden. Dadurch ist es unumgänglich, dass Bio-Architektur in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen wird. Schließlich bietet sie innovative Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit und schafft Gebäude, die in Harmonie mit der Natur stehen und zugleich einen ansprechenden Lebensraum für ihre Bewohner:innen bieten.

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