Rückschlag für Textilindustrie: Re:NewCell meldet Insolvenz an

Das schwedische Unternehmen sieht sich aufgrund fehlender Finanzierungsoptionen zur Insolvenzanmeldung gezwungen

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Autor: Haus von Eden

  • Re:NewCell ist bekannt für innovatives Recycling von zellulosischem Textilabfall und ihrem patentierten Circulose-Prozess
  • Das Unternehmen meldet, aufgrund fehlender Finanzmittel für die strategische Überprüfung, Insolvenz an und scheitert trotz intensiver Verhandlungen
  • Die Insolvenz ist ein Weckruf an die Modebranche, Profit nicht länger über Innovation zu stellen

Re:NewCell ist bekannt für seinen innovativen Ansatz im Recycling von zellulosischem Textilabfall. Im Jahr 2012 gegründet, entwickelte das Unternehmen einen patentierten Prozess zur Wiederverwertung von zellulosischen Textilabfällen. Ihr innovatives Material trägt den Namen Circulose. Das Unternehmen erlebte vorerst einen vollen Erfolg: 2021 wurde Re:NewCell von Fast Company zu einem der innovativsten Unternehmen der Welt ernannt und erhielt 2020 Anerkennung vom TIME Magazine. Das Vorhaben des Unternehmens galt als zukunftsweisend, vielversprechend und transformativ. Diese Woche hat das Unternehmen seine Entscheidung zur Insolvenzanmeldung bekannt gegeben. Der Vorstand traf diesen Beschluss aufgrund der Unfähigkeit, ausreichende Finanzmittel zu sichern, um die am 20. November 2023 eingeleitete strategische Überprüfung abzuschließen.

Gescheiterte Verhandlungen führten zu Bankrott

Im Rahmen dieser Überprüfung führte Re:NewCell in den vergangenen Wochen fortgeschrittene Verhandlungen mit wichtigen Stakeholdern, darunter die beiden größten Aktionäre H&M und Girindus, sowie mit bestehenden Kreditgebern wie BNP Paribas, Europäische Investitionsbank, Finnvera, Nordea, AB Svensk Exportkredit und potenziellen neuen Investoren. Die intensiven Bemühungen führten jedoch zu keinen tragfähigen Lösungen. Re:NewCell konnte die erforderliche Liquidität und das Kapital für den fortlaufenden Betrieb nicht sichern.

Der Vorsitzende des Vorstands, Michael Berg, drückte sein Bedauern über die Situation aus: "Dies ist ein trauriger Tag für die Umwelt, unsere Mitarbeiter, unsere Aktionäre und andere Stakeholder, und es ist ein Zeugnis für den Mangel an Führung und der notwendigen Geschwindigkeit des Wandels in der Modeindustrie.“

Verbraucher:innen stellen noch immer Preis über Innovation

Die Insolvenzankündigung von Re:NewCell ist ein bedauerlicher Rückschlag für uns alle, insbesondere für unsere Umwelt. Das innovative Recycling von zellulosischem Textilabfall durch Re:NewCell galt als einer der ersten echten Meilensteine in dem Bereich der nachhaltigen Mode. Eine wirkliche, ehrliche und vor allem wichtige Innovation. Doch Verbraucher:innen scheinen von diesem Angebot nicht genügend Gebrauch zu machen, obwohl ständig nachhaltige Transformation gefordert wird. Die bittere Ironie liegt darin, dass Verbraucher:innen offenbar trotzdem noch nach oberflächlichen Versprechen bezüglich Nachhaltigkeit greifen, weil diese meist niedrigere Kosten aufweisen. So wird ihr Gewissen besänftigt und der Geldbeutel geschont. Unternehmen mit tatsächlich nachhaltigen Praktiken müssen jedoch mit finanziellen Herausforderungen kämpfen. Das Streben nach Image statt wahrer Nachhaltigkeit ist symptomatisch für eine Gesellschaft, die oft kurzfristigen Illusionen den Vorzug gibt, anstatt für einen Moment ihre eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen.

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Falsche Prioritäten der Modebranche

Zusätzlich stellt sich die Frage, wie viel echte Veränderung möglich wäre, wenn führende Unternehmen, anstatt in oberflächliche Werbung und Nachhaltigkeitskampagnen zu investieren, ihren Fokus auf innovative Lösungen richten würden. Re:NewCell hatte sich als Pionier bewiesen, aber der Mangel an finanzieller Unterstützung, sowohl von Konsument:innen als auch Investor:innen, zeigt, dass die Priorität nicht wirklich auf nachhaltigen Praktiken liegt. Geld spielt nach wie vor die entscheidende Rolle, selbst wenn es um die Rettung unserer Welt geht. Unternehmen betonen oft nur Nachhaltigkeit, wenn es opportun ist, doch wenn es darauf ankommt, wird klar, dass der eigene Profit Vorrang hat. Bei Unternehmen wie Re:NewCell sollte der Erfolg nicht am Geld scheitern, doch es scheint, als sei niemand bereit, das erforderliche Kapital aufzubringen.

Diese Insolvenz ist nicht nur das Ende eines Unternehmens, sondern auch ein Weckruf für die gesamte Modebranche. Es ist höchste Zeit, dass wir uns als Gesellschaft fragen, ob wir wirklich bereit sind, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um echte Nachhaltigkeit zu fördern, anstatt uns in oberflächlichen Ansprüchen zu verlieren.

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