FCG x Otto Group Paneldiskussion – Interview mit Sustainability Managerin Lisa Franke

Die Herausforderungen einer Circular Collection und dem allgemeinen Nachhaltigkeitsgedanken in Gesellschaft und Unternehmen

Interview mit Lisa Franke, Sustainability Managerin Otto Group

Green Tech Festival
Quelle & Copyright FCG

Autor: Haus von Eden

Am 22. September 2023 fand eine gemeinsame Paneldiskussion des Fashion Council Germany (FCG) und der Otto Group zum Thema "Circular Fashion - The Future Normal" statt. Die Teilnehmer:innen waren mit Christiane Arp, die Vorstandsvorsitzende von FCG; Ina Budde, Mitbegründerin und CEO von circular.fashion; Simone Sommer, Expertin für Nachhaltigkeit und Circular Fashion sowie Lisa Franke, Sustainability Managerin bei Otto hochkarätig besetzt.

Die Panel-Teilnehmer:innen waren sich einig, dass Nachhaltigkeit und Circularity eine Frage der Haltung seien. Diskutiert wurden die damit eingehenden Herausforderungen, die Bedeutung des gesellschaftlichen Wandels sowie die Notwendigkeit von Bildung auf allen Ebenen. Junge Modelabels als auch etablierte Unternehmen müssen sich gleichermaßen dem Thema annähern, um gemeinsam neue Systeme zu schaffen.

Gleichzeitig wurde im Collabor8 Co-Working Space auf dem Otto Campus in Hamburg die neue Circular Collection der Marke präsentiert. Die neue Kollektion setzt dabei auf ressourcenschonende Mode aus wiederverwendbaren Rohstoffen. Das Besondere: Die Integration einer sogenannten "circularity.ID®", die in Form eines NFC-Tags als digitaler Produktpass fungiert. Entstanden in Zusammenarbeit mit dem Berliner Unternehmen circular.fashion, können über diesen Chip sowohl Kund:innen als auch Recyclingbetriebe die Zusammensetzung und Herkunft der Kleidungsstücke identifizieren.

Dazu haben wir mit Lisa Franke, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Otto, exklusiv ein Short Interview geführt:

Was bedeutet für Dich persönlich Nachhaltigkeit?

In der Vergangenheit war Nachhaltigkeit immer mit Verboten sowie Verzicht konnotiert. Für mich hat die Circular Economy einen völlig neuen Lösungsraum eröffnet. Dadurch habe ich jetzt das Gefühl, dass ich mich mit den Lösungen für die Probleme unserer Zeit beschäftige und genau das bedeutet für mich Nachhaltigkeit.

Gab es in den letzten Jahren einen spürbaren nachhaltigen Wandel bei der Nachfrage der Konsument:innen?

Die Ansprüche der Kundschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit werden immer anspruchsvoller, insbesondere hinsichtlich der getroffenen Nachhaltigkeitsaussagen. Gleichzeitig beobachten wir, dass Produkte mit Nachhaltigkeitssiegeln und ähnlichen Kennzeichnungen oft bevorzugt werden. Das Bewusstsein in der Gesellschaft hat sich dahingehend also geschärft.

Trotzdem ist Nachhaltigkeit nach wie vor nicht das Hauptkriterium für einen Kauf. Bei der Kaufentscheidung spielen Funktionalität, Preis, Ästhetik und Qualität eine wichtige Rolle. Dies liegt daran, dass der nachhaltige Aspekt oft nicht unmittelbar mit dem Produkt selbst assoziiert wird. Wenn Kund:innen zum Beispiel ein Kleidungsstück kaufen, steht für sie im Vordergrund, wie es sich anfühlt und aussieht. Daher ist es von großer Bedeutung, schrittweise sicherzustellen, dass der Nachhaltigkeitsaspekt in sämtliche Produktkategorien integriert wird, um diesen zur Selbstverständlichkeit zu machen.

Lisa Franke - Circular Collection OTTO

Was war die größte Herausforderung bei der Entwicklung der Circular Collection?

Die größte Herausforderung ist der Wandel, das heißt weg von altbewährten Methoden der Produktherstellung hin zu einer vollständigen Transparenz. Diese Herausforderung liegt vor allem im Detail. Zunächst erschien es so, als hätten wir die nachhaltigen Anforderungen berücksichtigt, indem wir zum Beispiel auf 100% Biobaumwolle setzen. Doch die Schwierigkeiten kamen bei der Umsetzung zum Vorschein: Wie gehen wir beispielsweise mit dem Nähgarn um? Wie können wir einen Pullover ohne Elasthan so gestalten, dass er dennoch problemlos über den Kopf gezogen werden kann?

Diese praktischen Fragen erfordern äußerste Präzision in unserer Arbeit sowie eine Neuausrichtung unserer Prozesse, und genau das stellt die größte Herausforderung dar. Hinzu kommt die Herausforderung der Skalierung, insbesondere wenn die Prozesse neu und aufwendig sind. Hierfür bedarf es neue Lösungen und Hilfsmittel, um die Abläufe zu vereinfachen und effizient zu gestalten.

Was sind die derzeitigen Prioritäten der Otto Group im Bereich Nachhaltigkeit und wie ist der Mindset innerhalb des Konzerns?

Umweltschutz steht bei uns bereits seit den 80er Jahren ganz oben und unser Nachhaltigkeitsteam besteht aus knapp 25 Mitarbeitenden. Zudem haben wir dieses Jahr die bislang umfangreichste Nachhaltigkeitsagenda aufgestellt. Diese umfasst sechs aktive Handlungsfelder in den Bereichen Verpackung, Kreislaufwirtschaft, Produkte und Materialen, Compliance, Lieferketten und Klimaschutz. Bezüglich des allgemeinen Nachhaltigkeits-Mindsets befinden wir uns auf einem sehr guten Weg. Unser Ziel ist es, Nachhaltigkeit immer tiefer in die Kernprozesse zu integrieren und es dadurch zum Teil des Daily-Business aller Mitarbeitenden zu machen.

Glaubst Du der große Wandel ist nur mit regulatorischen Anforderungen möglich?

Die aktuelle Situation ist zweischneidig. Die „Green Claims Directive“ hat zum Bespiel eine große Angst vor Greenwashing-Vorwürfen geschürt. Also kommunizieren viele nicht mehr zum Thema Nachhaltigkeit nach außen. Es ist jedoch fraglich, ob dies der richtige Ansatz ist. Die Ankündigung von Regularien kann somit auch zu einer gewissen Schockstarre führen.

Gleichzeitig bin ich der Überzeugung, dass Gesetze nur dann effektiv sein können, wenn sie im Schulterschluss mit der Industrie geschlossen werden. Dies bedeutet, dass Unternehmen aktiv an der Gestaltung von Vorschriften wie der Ökodesign-Verordnung oder Recyclingquoten teilnehmen müssen. Sie können wertvollen Input liefern, um sinnvolle Umsetzungswege zu finden, ohne die Logik aktueller Geschäftsmodelle zu untergraben. Daher glaube ich, dass erfolgreiche Regularien auf den Erfahrungen und Bemühungen der Unternehmen aufbauen müssen.

Zeitgleich ist es entscheidend, die Dringlichkeit dieser Angelegenheit zu erkennen. Wir haben nur noch begrenzt Zeit, um uns mit den wichtigen Themen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen und Gesetze beschleunigen Veränderung.

Vielen Dank für das Interview Lisa.

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