Bain x Altagamma entschlüsselt die Spielregeln des Luxusmarktes 2023

Der Luxusmarkt wächst dynamisch weiter - Bain-Luxusstudie zeigt, welche neuen Faktoren über Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit bestimmen

Bain Luxusstudie

Autor: Haus von Eden

  • Der Luxusmarkt wird im Jahr 2023 trotz wirtschaftlicher Unsicherheit voraussichtlich um 5-12 % wachsen
  • Luxuseinkäufe variieren je nach Land, getrieben durch Tourismus, und nach Kategorien
  • Die wichtigsten Chancen und Herausforderungen sind mit dem Druck der ESG-Regulierung sowie den Auswirkungen der generativen KI verbunden

In Zusammenarbeit mit dem italienischen Luxusgüterverband Fondazione Altagamma hat Bain & Company ein aktuelles Update seiner „Luxury Goods Worldwide Market Study“ lanciert. Dieses verdeutlicht, dass sich der Luxusmarkt seit Bewältigung der Pandemie in einer neuen Phase befindet, in der neue Faktoren über Wachstum, Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit bestimmen.

Kann der Luxusmarkt seine positive Wachstumsdynamik 2023 beibehalten?

Trotz aller geopolitischer Spannungen und makroökonomischer Unsicherheit verzeichnete der Markt für persönliche Luxusgüter 2022 ein Rekordjahr und erreichte einen Marktwert von 345 Milliarden Euro. Diese positive Dynamik hält sich auch im ersten Quartal 2023: Der Luxusmarkt erreichte ein Wachstum von 9-11 % gegenüber 2022.

Die Studie führt dieses Wachstum auf eine Reihe von Faktoren zurück. Darunter der allmähliche Rückgang der Hyperinflation, das wiedergewonnene Vertrauen der lokalen Verbraucher:innen in Europa, die Wiedereröffnung in China sowie die positive Dynamik in Japan und Südostasien, die durch den intraregionalen Tourismus gestützt wird.

Nationale Perspektiven auf die Entwicklung des Luxusmarktes

Allerdings ergibt sich in einzelnen Ländern ein differenziertes Bild. Die Studie hat drei Perspektiven erarbeitet: 1) Die USA verlangsamen sich, 2) Europa legt zu und 3) Asien schichtet um.

USA: Verlangsamung des Konsums und Neuausrichtung der Luxuskarte

Aufgrund einer möglichen Rezession sind Verbraucher:innen in den USA vorsichtig. Die kaufstärkste Gruppe verhält sich relativ konstant, verlagert ihre Ausgaben jedoch teilweise ins Ausland, da sich die Preisunterschiede vergrößern. Gleichzeitig halten sich anspruchsvolle Luxuskonsument:innen zurück. In diesem Kontext konzentrieren sie sich auf Statement-Stücke in allen Kategorien sowie auf Anlasskleidung.

Parallel dazu findet ein Umbruch in den Reisegewohnheiten, besonders im High-End-Bereich, statt. New York und Kalifornien sind wieder auf Erfolgskurs, während sich Urlaubsziele wie Hawaii und Las Vegas zwar erholen, aber immer noch hinter ihren Spitzenwerten von 2019 bleiben.

Europa: Synergieeffekte zwischen Tourismus und Luxuskonsum

Mit einer anhaltenden Performance im ersten Quartal hat Europa das Jahr stark begonnen. Laut Studie wartet die Region allerdings auf den Moment der Wahrheit: Einheimische werden im Sommer damit konfrontiert, dass sich der Tourismus aus den USA und dem Nahen Osten verlangsamt. Die Studie rechnet damit, dass der Peak an Luxuskäufen Nebeneffekt des Tourismus ist, und seine Abnahme somit auch den Markt bremst. Die nächsten Monate werden die Widerstandsfähigkeit des Marktes auf die Probe stellen.

Jedoch könnte eine Entwicklung dagegenhalten: In den letzten Monaten sind die ersten chinesischen Tourist:innen nach Europa zurückgekehrt. Im weiteren Verlauf des Jahres wird sogar mit einer soliden Rückkehr gerechnet, die den Markt gegebenenfalls beschleunigen kann.

Asien: Regionale Umstrukturierung alter und neuer Luxuszentren

Der Markt auf dem chinesischen Festland verzeichnete bereits im ersten Quartal ein Wachstum. Obwohl sich dieses voraussichtlich fortsetzen wird, sollen nicht alle Marken wieder das Niveau von 2021 erreichen. Zudem erfährt der asiatische Markt eine Umstrukturierung seiner alten und neuen Luxusmagneten.

Seit der Wiedereröffnung des Landes verzeichnen Hongkong und Macau einen starken Aufschwung als Hauptziele des chinesischen Tourismus. Parallel dazu befindet sich Südostasien auf einem Wachstumskurs, getragen von einem Zustrom russischer Reisenden, der Ankunft chinesischer Verbraucher:innen und einem starken Need für Schmuck und Uhren. Demgegenüber verlangsamt sich der Markt in Südkorea. Einheimische balancieren ihre Ausgaben aus und kaufen wieder mehr im Ausland. Gleichzeitig beschleunigt sich der Reiseeinzelhandel aufgrund des Zustroms aus Südostasien.

In dieser Landschaft gibt es allerdings einen unbestrittenen Rising Star: Japan. Während einheimische Konsument:innen ihre Ausgaben aufrecht halten, treibt der Tourismus das Wachstum des Marktes. Einschließlich der ersten Anzeichen von chinesischen Reisenden.

Slow Luxury bleibt kategorieübergreifend relevant

Die Studie zeigt, dass ikonische und ultraluxuriöse Stücke kategorieübergreifend gefragt sind. Konsument:innen wollen weniger, aber besser einkaufen und streben nach etwas Höherem mit viel Wertigkeit - sowohl ideell als auch materiell. Uhren, getrieben von ikonischen Modellen großer Marken, und Schmuck, getrieben von Uber-Luxusartikeln, gehören zu den leistungsstärksten Kategorien.

Luxusmarkt 2023

Source & Copyright by Bain & Company

Auch ikonische Taschenmodelle treiben den Markt an. Laut Studie nehmen Verbraucher:innen sie zunehmend als wertvolles Gut, geradezu als Wertanlage, wahr. Gleichzeitig boomen Schuhe nur in Asien, der Hype rund um kollaborative Sneaker-Modelle schwächt in der wesentlichen Welt ab. Im Bereich Beauty stellt Bain ein Wachstum bei Düften, angekurbelt durch Nischenparfums und die Erholung des Duty-Free-Bereichs, fest, während Make-up und Hautpflege ebenso eine weiterhin positive Entwicklung aufweisen.

Was die Vertriebskanäle anbelangt, gewinnen Erlebnis- und Reiseeinzelhandel wieder an Glanz und erschließen andere Luxusregionen. Darüber hinaus befindet sich auch der Direkteinzelhandel auf einem soliden Wachstumspfad, angetrieben durch technikbegeisterte Verbraucher:innen und den Omnichannel-3.0-Verkauf.

Szenarien für den Wachstumspfad des Luxussektors

Nach der Analyse von Bain und Altagamma wird erwartet, dass der Luxusmarkt bis Ende 2023 einen Wert von 360 bis 380 Milliarden Euro erreichen wird, im Vergleich zu 345 Milliarden Euro im Jahr 2022. Sie präsentiert außerdem zwei mögliche Szenarien für das zukünftige Wachstum:

  1. Das positive Szenario geht von einem soliden Wachstumspfad im Jahr 2023 aus. Dieses soll durch die Erholung Chinas sowie ein anhaltendes - sich eventuell stabilisierendes - Wachstum in Europa und Nord- und Südamerika ermöglicht werden. Das Szenario erwartet, dass das Umsatzwachstum des Marktes für persönliche Luxusgüter zwischen 9 und 12 % im Vergleich zu 2022 liegen dürfte.
  2. Das realistische Szenario zeigt, dass eine Verlangsamung in den reifen Märkten sowie eine langsamere Erholung Chinas das Gesamtwachstum stark beeinträchtigt. Möglicherweise könnte sich diese Entwicklung negativ auf die Ausgaben der Luxuskonsument:innen auswirken. Es wird erwartet, dass das Umsatzwachstum des Marktes für persönliche Luxusgüter zwischen 5 und 8 % gegenüber 2022 liegt.

Langfristig, mit Blick auf 2023, dürfte der Markt für persönliche Luxusgüter aufgrund solider Marktfundamente ein Wachstum erfahren, das seinen Wert auf 530 bis 570 Milliarden Euro ansteigen lässt. Dabei würde es sich um etwa das 2,5-fache der Größe des Luxusmarkts 2020 handeln.

Fast Forward: Die wichtigsten Herausforderungen und Chancen für die Zukunft

  • Dekarbonisierung: In Reaktion auf den regulatorischen ESG-Druck müssen Luxusmarken neue Schwerpunkte setzen. Sie müssen ihr Geschäftswachstum kompromisslos vom Emissionsanstieg entkoppeln. Um dies zu erreichen, wird die Dekarbonisierung der Wertschöpfungskette zur Priorität.
  • Generative KI: Die Studie erläutert, dass sich künstliche Intelligenz auf alle Stufen der Luxus-Wertschöpfungskette auswirkt. Und zudem bestehende Geschäftsabläufe in allen Funktionen revolutioniert. Damit sollen vehemente Effizienz- und Wettbewerbsvorteile einhergehen, die die Marktführer:innen von morgen befähigen.
  • Die Ära des "Literally Me": Individualität bedeutet Luxus. Marken müssen heutzutage mehr als reine Wunschobjekte anbieten. Vielmehr müssen sie Einzigartigkeit über Status stellen, so Federica Levato, Partnerin bei Bain & Company und Leiterin der EMEA Luxury Goods and Fashion Practice des Unternehmens.
  • Disruption und Mut: Sowohl etablierte Giganten als auch Newcomer:innen können an Relevanz gewinnen und diese auch halten, wenn sie disruptiv handeln. Mutiges Marketing, Heldenprodukte und visionäre Gründer:innen bilden die wichtigsten Geschäftsgrundlagen für nachhaltiges Wachstum.
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