Wie das innovative Start-up Occtopus spielerisch die Zukunft verbessert

Anja Höbel über Occtopus und das Potenzial unbewusste Vorurteile bei Kindern für mehr Diversity, Equity, Inclusion & Belonging zu reduzieren

Im Interview mit Anja Höbel, Founderin "Occtopus"

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Autor: Haus von Eden

Fragen rund um Diversity und Inclusion dominieren aktuell sowohl den öffentlichen als auch den privaten Diskurs. Es geht darum, welche Strukturen geschaffen werden müssen, um Gleichheit und Gleichberechtigung ganzheitlich in der Gesellschaft zu verankern. Doch reicht die Einführung progressiver Formalia? Oder geht es auch darum, starre Strukturen sowie Denkmuster zu überholen, um Wandel tatsächlich initiieren zu können? Immerhin denken viele noch immer in Schubladen und geben Vorurteile leichtfertig sowie oft unbewusst an die nachrückenden Generationen weiter.

Mit Occtopus wollen die Co-Founder Anja Höbel, Strategieberaterin und Sozial- sowie Kulturanthropologin, und Emre Celik, DEI+ Advocate, genau dieses sich reproduzierende System durchbrechen. Das Start-up bietet einen spielerischen Ansatz, um unbewusste Vorurteile und Stereotype bei Kindern zu reduzieren - bevor sie sich in ihren Denkmustern festigen und letztlich weitergegeben werden. So kann eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung statt eine der Diskriminierung entstehen. Und da Occtopus diese schon in der frühkindlichen Entwicklung etabliert, schafft das Start-up eine produktive - und längst überfällige - Grundlage, um den gewünschten, forcierten und vor allem benötigten Wandel unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Im Interview teilt Co-Founderin Anja Höbel wie Occtopus mit Spielen statt starren Strukturen für eine diverse und gerechtere Gesellschaft eintritt.

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"Diversity ist eine Tatsache und Inclusion ist eine Wahl, aber Belonging/Zugehörigkeit ist ein Gefühl, das nur durch eine Kultur geschaffen werden kann, die wir alle proaktiv gestalten."

Was hat Euch dazu bewegt, Occtopus zu gründen?

Während eines Corona-Winterspaziergangs im Lockdown haben Emre und ich über das Thema “Diversity” gesprochen. Wir kamen zu dem Schluss, dass es durchaus Sinn macht und wichtig ist, Erwachsene zum Thema Diversity zu schulen. Das Mindset ist jedoch schon geprägt - einen größeren Lernerfolg erzielt man bei Kindern.

Wir waren enttäuscht, weil sich der Teufelskreis von Stereotypen und Vorurteilen immer wiederholt: Kinder nehmen ihre Umwelt wahr, entwickeln Stereotypen, werden erwachsen und geben sie dann an ihre Kinder weiter. Deshalb kamen wir auf die Idee, ein Spiel für Kinder zu entwickeln, das diesen Teufelskreislauf durchbricht.

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Wie beschreibt Ihr Eure Vision und Eure Mission?

Occtopus hat es sich zum Ziel gesetzt, Vorurteile zu reduzieren und die Welt damit ein klein wenig besser zu machen. Das tun wir, indem wir unbewusste Vorurteile mit Hilfe unserer Spiele bewusst machen. So schulen wir die Wahrnehmung der Kinder und können gleichzeitig auch das Mindset der Eltern erweitern.

Das ist wichtig, weil unbewusste Vorurteile unseren Alltag beeinflussen. Kommen verschiedene Menschentypen zusammen, so prallen manchmal ganze Welten aufeinander. Das haben wir alle schon erlebt. Genau aus diesem Grund möchten wir Wege finden, um das Zusammensein zu erleichtern und die Kommunikation des Gegenübers zu verstehen.

Wie genau funktioniert Euer Business Model und welche Produkte bietet Ihr an?

Buntes Lego, Barbies mit verschiedener Hautfarbe, Regenbogenflaggen: Das alles gibt es schon auf dem Markt - ein Lerneffekt bei Kindern entsteht dadurch allerdings nicht. Das wollen wir ändern: Unsere Spiele haben einen Lerneffekt und sind nachhaltig, skalierbar sowie vor allem zugänglich. Das bedeutet, dass es uns am Herzen liegt, jedem einen möglichst einfach Zugang zu unseren Spielen zu ermöglichen - frei von Umwegen und Barrieren. Deshalb bieten wir unser erstes Spiel in Form eines E-Books zum Download an.

Außerdem arbeiten wir aktuell an einem Online-Spiel, das in Form einer App von unserer Homepage heruntergeladen werden kann, und entwickeln haptische Spiele, die bald über unseren Online-Shop bestellt werden können. Diese Entwicklung ist ein wichtiger Schritt, da wir der Meinung sind, dass Kinder stark über Haptik lernen. So ist für jeden Geschmack etwas dabei - ob haptisch, E-Book oder Online-Game.

Was steckt hinter der Abkürzung "DEIB"?

DEIB bedeutet Diversity, Equity, Inclusion und Belonging.

  1. Belonging, auf Deutsch “Zugehörigkeit” entsteht, wenn Diversity (“Vielfalt”), Inclusion (“Integration) und Equity (“Gleichberechtigung) gut in einem System etabliert sind. Ein Gefühl der Zugehörigkeit entwickelt sich ganz natürlich, wenn sich Menschen sicher und akzeptiert fühlen. Es geht darum, offen für das Unbekannte zu sein; niemanden auszuschließen; und aktiv zu werden. Vor allem geht es allerdings darum, ein gemeinsames Ziel zu haben: Die Welt zu einem Ort zu machen, an dem sich jeder willkommen fühlt. Das bedeutet Belonging.
  2. Diversity ist die Kombination all dessen, was Menschen unterscheidet, z. B. Hautfarbe, Geschlecht, Religion, sexuelle Orientierung, ethnische Zugehörigkeit, Nationalität, Status, Sprache, Fähigkeiten, Alter, Glaube oder politische Perspektive.
  3. Equity bedeutet die Förderung von Unparteilichkeit und Fairness. Das bedeutet nicht, dass jeder die exakt gleichen Voraussetzungen bekommt, sondern die auf ihn zugeschnittenen Voraussetzungen, die ihm dann die gleichen Chancen ermöglichen. Das ist ein ganz wichtiger Unterschied.
  4. Inclusion ist ein Ergebnis, das sicherstellt, dass sich Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund wirklich willkommen fühlen.

Anders ausgedrückt: Diversity ist eine Tatsache und Inclusion ist eine Wahl (eigene Entscheidung wie stark  Inclusion ermöglicht wird), aber Belonging/Zugehörigkeit ist ein Gefühl, das nur durch eine Kultur geschaffen werden kann, die wir alle proaktiv gestalten.

Wieso sind Unternehmen, die DEIB fördern, gerade heute so relevant?

Angesichts der Globalisierung, des demographischen Wandels und auch des Wertewandels hat DEIB in den letzten Jahren sowohl privat als auch öffentlich an viel Relevanz gewonnen. Davor hat allerdings verhältnismäßig wenig Engagement stattgefunden, weshalb es einigen Generationen einfach an Aufklärung fehlt. Vor allem fehlt es an Unternehmen oder Institutionen, die Themen rund um DEIB umsetzen und modern sowie spielerisch aufarbeiten oder anbieten. Da Kinder jeden Tag unzählige Spiele spielen wollen wir genau hier ansetzen - unser Ziel ist es, sie so zu verpacken, dass Kinder Spaß an den Themen finden und ihre Blickwindel erweitern.

Aus welchem Grund ist es für Occtopus sinnvoll, bei Kindern anzusetzen?

Das menschliche Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, jede Information einzeln zu verarbeiten. Es greift auf das zurück, was wir bereits wissen, und erstellt Schubladen, Stereotype sowie Vorurteile.

Wir werden zwar nicht mit Vorurteilen oder Stereotypen geboren, aber wir werden definitiv mit der Fähigkeit geboren, sie zu lernen. Wir nehmen sie auf, lange bevor wir verstehen, was wir tun. Kinder lernen, welche sozialen Kategorien wichtig sind, indem sie ihre Umgebung beobachten und oft mit einem kognitiven Puzzle konfrontiert werden. Ab dem Alter von 3 Jahren kristallisieren sich Vorurteile und Stereotype heraus. Das ist zum Teil der Grund, warum es für Menschen so schwierig ist, Stereotypen zu ver-lernen. Wir nehmen sie seit unseren Babytagen in uns auf. Einige von ihnen sind sogar so tief verwurzelt, dass wir nicht einmal merken, dass sie existieren.

Welche Methoden nutzen die Spiele, um das "Unbewusste bewusst zu machen"?

Wir setzen bei unseren Spielen auf Dialog. Eltern spielen dabei eine große Rolle - die Spiele funktionieren nämlich nur dann, wenn Eltern sie gemeinsam mit ihren Kindern spielen. Deshalb bitten wir sie ihren Kindern Fragen zu stellen, wobei es keine falschen oder richtigen Antworten gibt. Auf diese Weise sind auch die Eltern angehalten, ihre eigenen Denkmuster zu hinterfragen.

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Wieso die Entwicklung dieses Ansatzs heute besonders wichtig sind, zeigt eine Studie. Sie hat herausgefunden, dass bisher nur 10 Prozent der Eltern mit ihren Kindern über Diversity und Vorurteile sprechen. 35 Prozent selten und 57 Prozent sprechen nie darüber. Diese Zahlen sprechen, denke ich, für sich.

Welche branchenübergreifenden Trends erwartet Ihr im Hinblick auf DEIB?

DEIB wird definitiv mehr Beachtung finden. Sowohl in der Gaming-Industrie als auch in der Beratung von Unternehmen, im Marketing und in pädagogischen Einrichtungen. Es findet momentan ein Wandel in der Gesellschaft statt, der sich durch viele Bereiche ziehen wird.

Vielen Dank für das Interview Anja Höbel

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