Strafgebühr auf Fast Fashion: Frankreichs als Vorreiter für Sustainability

Der neueste Trend aus Paris? Mehr Nachhaltigkeit! Frankreich, das Land der Mode, stemmt sich mit einer Strafgebühr auf Fast Fashion gegen die Wegwerfmentalität der Modeindustrie

Strafgebühr auf Fast Fashion

Autor: Haus von Eden

Schneller, billiger, mehr: Die weltweite Textilproduktion hat sich nach Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EUA) in der letzten Dekade rund verdoppelt. Von 58 Millionen Tonnen im Jahr 2000 ist sie auf 109 Millionen Tonnen im Jahr 2020 angestiegen. Somit war der Textilsektor laut EUA im Jahr 2020 der drittgrößte Verursacher von Wasserverschmutzung und Flächenverbrauch. Allein in dem entsprechenden Jahr wurden durchschnittlich neun Kubikmeter Wasser, 400 Quadratmeter Land und 391 Kilogramm Rohstoffe benötigt, um Kleidung und Schuhe für jeden EU-Bürger herzustellen.

Ein Hauptgrund für den Anstieg des Verbrauchs ist das Aufkommen von Fast Fashion. Die günstige, leicht verfügbare Mode wird befeuert von den sozialen Medien und produziert immer schnelllebigere Trends. Um diesen Exzessen der Fast-Fashion-Branche ein Ende zu setzen, hat Frankreich nun als erstes Land weltweit ein Gesetz auf den Weg gebracht, das eine Strafgebühr gegen Fast Fashion vorsieht. So sollen der Konsum und die damit verbundenen Umweltschäden eingedämmt werden.

Was sind die Kernpunkte des Gesetzentwurfs?

Das geplante Gesetz richtet sich gezielt an Unternehmen, die täglich eine bestimmte Mindestanzahl an Produkten auf den Markt bringen. Zur Debatte für den Schwellenwert stehen aktuell 1.000 neue Artikel pro Tag. Damit nehmen die Franzosen besonders Fast-Fashion-Giganten wie den chinesischen Produzent Shein und die Online-Verkaufsplattform Temu ins Visier. Diese Anbieter sollen ab 2025 eine Gebühr von 5 Euro pro verkauftem Kleidungsstück zahlen. Geplant ist, dass dieser Betrag 2030 auf 10 Euro, maximal 50% des Verkaufspreises, ansteigt.

Neben der gestaffelten Strafgebühr auf Fast Fashion will Frankreich auch Verbote für klassische Werbung und Social-Media-Kampagnen verhängen. Zudem sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, gut sichtbar auf ihren Online-Kanälen auf die Umweltbelastungen ihrer Produkte hinzuweisen. Die französische Regierung plant, Firmen bei Zuwiderhandlung mit Strafen von bis zu 100.000 Euro zu belegen und auch Influencer, die sich nicht an die Vorschriften halten, mit bis zu 15.000 Euro zur Kasse zu bitten. Das Maßnahmenpaket wurde bereits einstimmig in der Nationalversammlung durchgewunken. Nächste Station ist jetzt der Senat. Dieser wird das Gesetz aller Voraussicht nach in den nächsten Monaten verabschieden, so dass es wie geplant ab 2025 in Kraft treten kann.

Was bringt die Strafgebühr auf Fast Fashion?

Qualität statt Quantität: Mit der Strafgebühr auf Fast Fashion zielt Frankreich darauf ab, aktuelle Konsummuster zu durchbrechen, eine nachhaltige Wirtschaftsweise zu etablieren und zudem die lokalen Produzenten zu stärken. Diese Benefits könnte das neue Gesetz bringen:

• Förderung der heimischen Hersteller:

Frankreichs Modeindustrie ist schon seit Längerem in der Krise. Zwar klingeln bei Luxusmarken wie Saint Laurent oder Chanel noch immer die Kassen, doch im mittelpreisigen Segment des Prêt-à-Porter-Bereichs häufen sich die Insolvenzen. Grund dafür ist nicht zuletzt der Siegeszug der schnellen Mode aus Billiglohnländern. Die Strafgebühr auf Fast Fashion würde den regionalen Firmen einen Vorteil im Preiskampf mit den Dumping-Anbietern verschaffen, heimische Arbeitsplätze sichern und durch kürzere Transportwege vom Hersteller bis zum Konsumenten auch die Umweltbelastung verringern.

• Sensibilisierung der Verbraucher:innen:

Die Einführung der Strafgebühr auf Fast Fashion soll auch zu einem Umdenken bei den Verbraucher:innen führen. Oft fehlt noch das Bewusstsein dafür, welchen hohen Preis die Umwelt für die billig und schnell verfügbarer Mode zahlt. Dafür kann neben den höheren Anschaffungskosten durch die Strafzahlung auch das Werbeverbot sorgen. Indem die Präsenz der Billigmarken auf den sozialen Plattformen nachlässt und zudem auf die durch die Mode verursachten Umweltschäden hingewiesen werden muss, steigt die Chance, dass die Akzeptanz für den Kauf von Fast Fashion in der Bevölkerung schwindet.

• Reduzierung von Abfall:

Laut einer Studie der EUA kauft jeder Europäer jährlich knapp 26 kg Textilien und wirft 11 kg wieder weg. Auch hier kann der französische Gesetzesentwurf einen Wandel anstoßen. Indem es günstiger wird, ein altes Kleidungsstück reparieren zu lassen, statt ein neues zu kaufen, wird nicht nur das Reparaturhandwerk gestärkt, sondern die Kleidung wird auch länger im Kreislauf gehalten. So verbessert sich die Klimabilanz des einzelnen Kleidungsstücks.

• Umdenken bei den Produzenten:

Der Gesetzentwurf zwingt die Fast-Fashion-Marken dazu, ihre Geschäftsmodelle anzupassen und nachhaltigere Praktiken zu implementieren, wenn sie zukünftig noch wettbewerbsfähig sein wollen. Die Strafgebühr soll Modemarken dazu anregen, die Produktionszahlen zu drosseln und statt auf den Verkauf einer großen Stückzahl an billiger, minderwertiger Kleidung, auf qualitativ hochwertigere und langlebigere Kleidungsstücke zu setzen.

Welche Kritik gibt es an dem geplanten Gesetz?

Trotz großer Zustimmung unter den französischen Politiker:innen, gibt es auch einige kritische Stimmen zu der Strafgebühr auf Fast Fashion. So geht Umweltschützer:innen das Gesetz nicht weit genug. Die französische Umweltorganisation „Amis de la Terre“ fordert zum Beispiel, dass die Regelungen so gestaltet werden, dass nicht nur die Fast-Fashion-Giganten aus Fernost, sondern auch europäische Retailer wie Zara, H&M oder Primark in Verantwortung genommen werden.

Auch der chinesische Online-Riese Shein äußerte bereits Kritik. Laut seiner Einschätzung sei die Zahl der täglich neu lancierten Produkte kein Indikator für den Umwelteinfluss, sondern vielmehr die Menge der nicht-verkauften Ware. Zudem würde das Gesetz die Kaufkraft der Franzosen schmälern, denen ohnehin die steigenden Lebenshaltungskosten zu schaffen machen. Auch Verbraucherschützer:innen beklagen, dass die Strafgebühren bei Geringverdiener:innen zu weniger gesellschaftliche Teilhabe führen könnten, da ihren durch den Kauf der günstigen Mode eine gesellschaftliche Stigmatisierung drohe.

Wie könnten weitere Lösungsansätze aussehen?

Die Strafgebühr auf Fast Fashion kann ein wichtiger Hebel sein, um nachhaltige Prozesse in verschiedenen Bereichen anzustoßen. Sie wird allerdings alleine nicht genügen, um eine vollständige Transformation der Modeindustrie zu erreichen. Neben der Gebühr auf Überproduktion und dem Werbeverbot lohnt es sich, weitere Lösungsansätze in den Blick zu nehmen, die von der Politik auf den Weg gebracht werden könnten. Das wären zum Beispiel:

  • Verpflichtende Recyclingquoten für Altkleidung
  • Offenlegung der CO2-Bilanz entlang der Lieferketten
  • Verlängerung der Gewährleistungsfristen
  • Stärkung von Reparatur-Netzwerken und DIY-Kultur

Frankreich weiß um die Wichtigkeit weiterführender Maßnahmen und plant daher, die Einnahmen durch die Strafgebühr zu verwenden, um eine holistische Nachhaltigkeitsstrategie zu implementieren. Zu dieser gehören unter anderem die Förderung von Reparaturservices, der Ausbau einer Kreislaufwirtschaft sowie die Finanzierung von Aufklärungskampagnen.

Fazit: Strafgebühr auf Fashion Fashion als Step in Richtung Sustainability

Das Land der Mode setzt einen wichtigen Trend und nimmt eine Vorreiterrolle im Kampf gegen die Wegwerf-Mentalität ein. Mit der Strafgebühr auf Fast Fashion geht Frankreich einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Modeindustrie. Zwar gibt es Kritik an einzelnen Aspekten des Gesetzentwurfs, doch der Konsens in Politik und Gesellschaft überwiegt: Es muss dringend etwas getan werden, um die Ressourcenverschwendung und die Umweltzerstörung durch Fast Fashion zu stoppen. Dieses Gesetz hat das Potenzial, ein Gamechanger für die Modebranche werden und im besten Fall andere Nationen zu inspirieren, diesem Beispiel zu folgen, damit Sustainability und Stil zukünftig Hand in Hand gehen können.

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