Nachhaltiger Konsum: Warum Werte und Kaufverhalten oft im Widerspruch stehen

Jedes Jahr fahren Fast-Fashion-Giganten Rekordumsätze ein und das, obwohl nachhaltiger Konsum für die Mehrheit der Menschen einen hohen Stellenwert hat. Wir lösen den scheinbaren Widerspruch auf und erklären, warum Kaufentscheidungen oft entgegen den eigenen Wertvorstellungen getätigt werden

nachhaltiger Konsum

Autor: Haus von Eden

Der Fast-Fashion-Markt wird laut des „Fast Fashion Global Reports 2024“ von Research und Markets in diesem Jahr verglichen mit 2023 von ca. 122 Milliarden auf ca. 142 Milliarden US-Dollar steigen. Eine ganz schön hohe Summe, wenn man bedenkt, dass Greenpeace zufolge die Deutschen darauf achten, ihre Kleidung besser zu behandeln, und Wert darauf legen, dass diese ethisch vertretbar und nachhaltig produziert wurde. Trotzdem bringen Retailer wie H&M und Zara immer noch alle zwei Wochen eine brandneue Kollektion in die Läden. Wie man anhand der Zahlen sieht, klingeln auch weiterhin mächtig die Kassen. Obwohl nachhaltiger Konsum nach eigenen Angaben eine Priorität für den Großteil der Konsument:innen darstellt, spiegelt sich dies also bisher nicht in ihrem Kaufverhalten wider.

Warum wir Kleidung kaufen, die nicht unseren Werten entspricht

„Viele Menschen fühlen sich von Fast Fashion aufgrund von Trends und der Wirkung bestimmter Marken angezogen, auch wenn das im Widerspruch zu ihren Werten von Nachhaltigkeit steht“, schreibt die Plattform The Sustainable Fashion Forum auf Instagram. Damit benennt sie einen der Gründe, warum Kaufverhalten und ethische Prinzipien oft nicht in Einklang stehen. Schließlich kann Kleidung Identifikation stiften und uns ein Gefühl von Zusammenhörigkeit geben. So beschreibt es in seinem Werk „Die Mode“ auch der Philosoph Georg Simmel. Mode kann laut ihm abgrenzen und uns Teil von etwas sein lassen. Die Anerkennung für das Tragen einer bestimmten Marke oder eines coolen neuen Trend-Teils kann demnach einen großen Einfluss darauf haben, wie wir in unserem sozialen Umfeld wahrgenommen werden. Diese Wahrnehmung ist komplett unabhängig davon, ob das, was wir tragen, mit unserer Haltung zur Nachhaltigkeit übereinstimmt.

Slow Consumption statt Fast-Fashion

Durch die Digitalisierung hat der Kaufprozess in den letzten Jahren immer mehr an Tempo gewonnen. Meist reicht Werbung oder die Meinung eines Influencers schon aus, um zum Kauf zu bewegen. Ob ein modisches Teil ethisch vertretbar produziert wurde, erkennen wir am Aussehen eben so wenig wie an den verwendeten Materialien und dem Preis. All das zu prüfen, ist mit Aufwand verbunden. Zudem werden wir oft auch noch von den Herstellern in die Irre geführt und müssen aufpassen, nicht in die Greenwashing-Falle zu tappen. Sustainability-Claims von Fast-Fashion-Größen stecken schließlich voller gut klingender Floskeln. Dahinter verbirgt sich aber nur selten auch tatsächlich nachhaltiges Handeln. Die benötigte Recherche, um den wahren Sustainability-Faktor eines Produkts zu ermitteln, ist schwierig und zudem zeitaufwendig. Nicht jeder kann im Alltag die Ressourcen dafür aufbringen, sich vor dem Kauf eingehend zu informieren. Nachhaltiger Konsum beansprucht also noch zu viel Zeit, um wirklich für die Mehrheit praktikabel zu sein.

Nachhaltiger Konsum braucht leichtere Verfügbarkeit

Vergleicht man die Anzahl der Fast-Fashion-Ketten mit der Menge der Vintage-Shops und Läden, die auf nachhaltige Mode spezialisiert sind, erkennt man schnell: Es herrscht nicht nur ein generelles Überangebot an Kleidung. Es ist vor allem auch ein Überangebot an Marken und Kleidungsstücken, die ökologischen und sozialen Werten nicht gerecht werden. Dabei müsste Mode, die ethisch vertretbar produziert wird, genauso einfach zugänglich sein wie die der Retail-Giganten. Unternehmen müssten für ihre Vorgehensweise zur Verantwortung gezogen werden, nicht die Konsumenten für ihre Kaufentscheidungen. Der Einzelne fühlt sich schließlich oft allein gelassen und hilflos. Dazu kommt das Gefühl, allein keine Veränderungskraft zu haben.

Doch es besteht Hoffnung: Erste Gesetzte der EU, wie das Lieferkettengesetz, sollen den Fast-Fashion-Markt regulieren und mehr Transparenz für Verbraucher:innen schaffen. Laut einem Report der Onlinesecondhand-Plattform ThreadUp wächst zudem der Vintage- und Resale-Markt fünfzehn Mal schneller als der des Retails. Im Jahr 2030 soll er daher bereits etwa doppelt so groß sein. Das sind doch gute Aussichten für eine Zukunft mit mehr nachhaltigem Konsum!

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