Time to Shine: 6 Zukunftstrends der Schmuck- und Uhrenindustrie

Mit einer State of Fashion Sonderedition zeigen BoF und McKinsey 6 disruptive Trends, die die Schmuck- und Uhrenindustrie bis 2025 nachhaltig prägen

bof mckinsey report

Autor: Haus von Eden

Special Edition: Neben den fünf jährlichen State of Fashion Reports, die die renommierte Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey in Kooperation mit Business of Fashion lanciert, erscheint nun auch eine Sonderserie zur Schmuck- und Uhrenindustrie. Auf Basis von Experteninterviews, Analysen privater sowie öffentlicher Unternehmen und professionellen Erkenntnissen prognostiziert diese sechs zukunftsweisende Trends bezüglich Konsumverhalten, Geschäftsmodellen sowie Produkten bis 2025:

  1. Online Magie
  2. Sich in Marken einkaufen
  3. Nachhaltigkeitsboom
  4. Direct-to-Customer Umbruch
  5. Ära des Gebrauchten
  6. Druck im mittleren Segment

Was macht die Schmuck und Uhren überhaupt so interessant?

Mit einem kombinierten Jahresumsatz von mehr als 330 Milliarden Dollar sind Fine Jewellery und High-End Uhren essentieller Teil der globalen Luxuswirtschaft. Doch abseits ihres wirtschaftlichen Wertschöpfungsbeitrags, ist es ihr Einklang mit Ansprüchen des New Luxury, die sie so interessant macht. Luxusschmuck und -uhren stehen nämlich an der zukunftsweisenden Schnittstelle von Qualität, Werten sowie Innovation. Als bedeutendes Kulturgut repräsentieren sie so eine jahrhundertlange Geschichte von Kreativität, Handwerkskunst, Symbolik und Selbstexpression, während Trends wie Labordiamanten gleichzeitig fortschrittliches, technisches Know-How fördern.

Bring Back the Sparkle: Reaktionen auf COVID-19

Warum befindet sich der Glanz der schillernden Industrie nun auf dem Scheideweg? COVID-19 hat Achtsamkeit gefördert. Und zwar auch im Hinblick auf finanzielle Ressourcen. Gekoppelt mit einem globalen Gefühl der Verunsicherung, dämpfte die resultierende Zurückhaltung das Nachfrageverhalten. Die Konsequenz: Umsatzrückgänge von 10 bis 15 sowie von 25 bis 30 Prozent setzten die Uhren- und Schmuckindustrie vehement unter Druck. Und verdeutlichten zeitgleich die Dringlichkeit der Entstehung neuer Markttrends sowie Geschäftsmodelle.

Digitalisierung statt physischem Einzelhandel. Lokalität statt glamourösen Reiseerinnerungen. Und eine klare Herausforderung. Die Umstellung der Schmuck- und Uhrenindustrie auf Digitalisierung liegt nämlich weit hinter der, anderer Luxuskategorien: Der Onlineverkauf macht nur 13 Prozent des globalen Marktes für Schmuck aus, für Uhren lediglich 5 Prozent. Dagegen sind es ganze 30 Prozent des vorpandemischen Marktes, die durch Käufe auf Auslandsreisen getätigt wurden.

Das pre-Pandemic Normal wurde klar verschoben. Es braucht eine disruptive Neuausrichtung, die in den kommenden 5 Jahren wiederum Herausforderungen birgt. Allerdings auch klare Wettbewerbsvorteile und eine Modernisierung der Branche bewirken kann. Ganz unter dem Motto "Bring Back the Sparkle" hat McKinsey Trends analysiert, um Marktteilnehmern Möglichkeiten zu bieten, das Regelwerk über Produkte, Vertriebsmodelle und Engagementstrategien neu zu schreiben. Wer Veränderungen des Marktes antizipiert, positioniert sich agil, resilient sowie kompetitiv, um einen neuen Goldstandard zu setzten.

Bis 2025

Laut Prognosen wird sich die Recovery der Schmuck- und Uhrenindustrie 2025 einstellen. Fine Jewellery wird weltweit 3 bis 4 Prozent pro Jahr wachsen, Premium Watches 1 bis 3 Prozent. Begünstigt wird diese Entwicklung durch disruptive Trends, die sich auch im übergeordneten Luxussegment abzeichnen: Jüngere Verbraucher wie Millennials und Gen Z avancieren zu immer relevanteren Konsumenten mit hoher Nachfrage. Und auch in inländischen Märkten wird die Nachfrage angesichts der anhaltenden Beschränkungen für internationale Reisen steigen.

Rekordumsätze in China machen Asien mit einem Anteil von 45 Prozent am weltweiten Schmuckumsatz zum global größten Markt. Auch, pre-COVID. Bis 2025 soll der Markenschmuckumsatz allerdings um weitere 10 bis 14 Prozent wachsen, während der Uhrenumsatz um bis zu 4 Prozent pro Jahr zunehmen wird.

Schmucktrends

Während der Schmucksektor bislang als eher traditionell gilt, soll er bis 2025 markenorientierter, digitaler sowie nachhaltiger sein als je zuvor. Und somit eine grundlegend neue Ära der Fine Jewellery einläuten. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 8 bis 12 Prozent wird Markenschmuck am stärksten wachsen. Genauer, circa dreimal so schnell wie der Gesamtmarkt. Das Ergebnis: Eine Verschärfung des Wettbewerbs zwischen etablierten Luxusschmuckmarken, Modemarken und neuen Direct-to-Consumer (DTC)-Unternehmen, um individualisierte, meinungsstarke Kunden zu konkurrieren.

Im Hinblick auf den Boom des Onlinehandels rücken DTC-Anbieter in den Fokus. Wer sich gut für das erwartete Wachstum positionieren möchte, wird die Bedingungen digitaler Geschäftsmodelle schnell adaptieren müssen: Die Prognose impliziert, dass der weltweite Online-Verkauf von feinem Schmuck von 13 Prozent auf 18 bis 21 Prozent des gesamten Weltmarktes ansteigen wird. Herausforderung dabei wird die Humanisierung digitaler Erlebnisse. Unternehmen und Juweliere müssen Kundenservice sowie Detailverliebtheit auch online beweisen, um Verbrauchern gerecht zu werden. Gleichzeitig steigt die Bedeutung einer nahtlosen Verbindung zwischen online und offline.

Toptrend: Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit avanciert zum Entscheidungsträger bei Kaufentscheidungen. Die von umweltfreundlichem Praktiken beeinflussten Käufe sollen sich in den kommenden Jahren nämlich verdreifachen. Glaubwürdigkeit für die ökologischen sowie sozialen Commitments der Unternehmen, kann dabei durch mehr Rückverfolgbarkeit und Transparenz in den Lieferketten geschaffen werden.

Schmuck und Uhren

Source & Copyright by McKinsey analysis

Uhrentrends

Das Wachstum der Uhrenbranche des High-End-Bereichs ist vergleichsweise langsam: Nur 1 bis 3 Prozent pro Jahr. Ein Zeichen struktureller Schwächen und somit Anstoß für ein Überdenken vorherrschenden Go-To-Strategien. Strategisch sowie operativ. Es braucht Marktdynamiken, die sich der veränderten Verbrauchernachfrage nach DTC-Geschäftsmodellen anpassen. Können Marken diese adaptieren, so werden etwa 2,4 Milliarden US-Dollar Umsatz vom Einzelhandel auf die Uhrenhersteller übergehen. In der Konsequenz bedeutet dies grundlegende strukturelle Veränderungen der Branche, die auf Markenseite den Aufbau sowie die Pflege von Kundenbeziehungen verlangen und  Multimarken-Einzelhändler herausfordert, neue Wege der Wertschöpfung zu suchen.

Angetrieben durch Millennials sowie Gen Z, Sammler und allgemein bewusste Konsumenten, wird der Verkauf von Gebrauchtwaren einen Boom erfahren. Genauer, den heftigsten Boom der Branche und damit der am schnellsten wachsende Markt des Segments werden. Bedeutet: Ein Umsatz von 29 bis 32 Milliarden Dollar. Fokus wird dabei voraussichtlich auf digitalen Marktplätzen liegen. Why? Vertrauenswürdige Verifizierungen und Transparenz! Bedroht sehen sich gegenüber den Gewinnern des Pre-Owned Marktes die etablierten mittelständischen Unternehmen. Zum einen durch die Digitalisierung und zum anderen durch das Streben nach Luxus.

Schmuck und Uhren

Source & Copyright by McKinsey analysis

Überblick der 6 Trends

Folgend werden die sechs Trends näher betrachtet - Mit Kontext, quantitativ und gestützt durch Expertenstimmen.

1. Online Magie

Der Kauf eines wertvollen Schmuckstücks wird mit personalisierten Dienstleitungen, einer ruhigen sowie gehobenen Atmosphäre und der Anwesenheit eines Experten assoziiert. Angesichts der zukunftsweisenden Entwicklungen gilt es nun, diese Erwartung online zu replizieren. Brands und Einzelhändler müssen überzeugende, customized Angebote sowie digitale Erlebnisse schaffen, um Emotionen, Kundenservice und die Magie eines renommierten Juweliers über den Bildschirm zu transferieren. Laut Rahul Kadakia, Leiter der Schmuckabteilung bei dem Auktionshaus Christie's, birgt diese Umstellung das Potential, neue demografische sowie geografische Bandbreiten zu generieren und Kunden zu gewinnen.

2. Sich in Marken einkaufen

Ikonisches Tiffany Blue und eine kleine rote Schachtel von Cartier sind für Viele Synonyme für feinen Schmuck. Und natürlich Wunsch zugleich. Doch trotz der Prominenz einiger Marken macht Fine Jewellery nur einen kleinen Anteil des Marktes aus: Lediglich 20 Prozent des Umsatzes. Dieser Anteil soll sich bis 2025 allerdings von 25 bis 30 Prozent erhöhen - Wobei es monetär um 80 bis 100 Milliarden Dollar geht. Der Vorstandsvorsitzende sowie CEO von Louis Vuitton, Michael Burke, hält feinen Schmuck somit für eine der wachstumsstärksten Kategorien des Luxusmarktes. Und deklariert somit ihr Potential sowie die vielversprechende Möglichkeit, Anteile zu ersteigern.

3. Nachhaltigkeitsboom

Käufe, die auf Aspekten der Nachhaltigkeit basieren, wachsen dramatisch. Grund dafür ist es, dass jüngere Verbraucher ökologische sowie soziale Verantwortung von Marken - insbesondere Luxusmarken - fordern. So sollen 20 bis 30 Prozent des Schmuckumsatzes bis 2025 durch verantwortungsvolle Käufer getätigt werden. Unternehmen, die diesem Megatrend nicht folgen, werden perspektivisch nicht wettbewerbsfähig sein.

4. Direct-to-Customer Umbruch

Bis 2025 werden jährlich 2,4 Billionen Dollar Umsatz von den Multimarken-Einzelhändlern auf die Marken übergehen. Grund dafür ist der DTC Umbruch. Während der Offline-Einzelhandel, der mehrere Brands repräsentierte, nämlich lange Zentrum der Uhrenindustrie war, verlangen Kunden zunehmend Interaktion mit den Marken selbst. Der Wunsch: Offline- und Online-Einkaufsmöglichkeiten wie Flagship Stores im Rahmen eines dynamischen Omnichannel-Ansatzes, der Kundenerlebnisse auf ein neues Level bringt. Einkaufen als Erlebnis mit emotionalem Wert - New Luxury. Unternehmen, die bislang nicht DTC agierten, ihre Marge allerdings steigern wollen, müssen sich dieser Herausforderung stellen und Kundenbedürfnisse proaktiv adressieren.

5. Ära des Gebrauchten

Schmuck und Uhren stehen für Storytelling, Langlebigkeit sowie Zeitlosigkeit. Bereits gebrauchte - Pre-Owned oder vielmehr Pre-Loved - Stücke zu ersteigern macht deshalb nichts anderes als Sinn. Sie erzählen eine reiche Geschichte und repräsentieren das Erbe einer Marke in ihren filigranen Details sowie kostbaren, ewig währenden Steinen und Edelmetallen. Endlich erkennt auch der Markt dieses Potential mehr und mehr und läutet die Ära des Gebrauchten ein. Und zwar Mainstream-tauglich. Er wird das am schnellsten wachsende Segment der Branche werden und bis 2025 einen Umsatz von 29 bis 32 Milliarden US-Dollar erreichen. Note to Brands: Um von dieser Verschiebung zu profitieren, ist es essentiell, Geschäftsmodelle zu digitalisieren, um in dem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld zu überleben.

6. Druck im mittleren Segment

Durch den Anstieg des Onlinehandels sowie des digitalen Marketings entstehen niedrige Einstiegsbarrieren für das Einstiegssegment der Uhrenindustrie, so Silas Walton (CEO "A Collected Man"). Und auch der intensive Wettbewerb durch Digital-Native Player, Fashionbrands und die wachsende Smartwatch-Kategorie setzten den traditionellen mittleren Uhrenmarkt unter Druck. Statt wie viele mittelständische Marken die Aspiration zu haben, in das Luxussegment aufzusteigen, sollten Marken allerdings reagieren und versuchen, ihrem Segment neues Leben einzuhauchen. Tun sie das nicht, so erwartet McKinsey bis 2025 einen Umsatzrückgang von 2,5 Milliarden US-Dollar.

Impulse

In welchen Ausmaß die sechs Trends die Branche revolutionieren werden bleibt offen. Dass es viele Herausforderungen gibt, die in den nächsten Jahren bewältigt werden müssen, ist dagegen klar. Dennoch: Die schwierigen Bedingungen implizieren zugleich bedeutende Möglichkeiten für Unternehmen, ihre Strategien, Geschäftsmodelle sowie ihre DNA neu zu schreiben. Sie stellen wichtiges Know-How dar, um den Entwicklungen der nächsten Jahre als agiles, resilientes sowie kompetitives Unternehmen zu begegnen. Antizipation und Adaption sind so vielversprechende Erfolgskompenten für zukunftsfähige Unternehmen.

Den vollständigen Report "State of Fashion: Watches and Jewellery" können Sie hier downloaden. 

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