Verantwortungsvolle Mode durch disruptive Innovation und Zusammenarbeit

Anstatt auf eine Änderung des Verbraucherverhaltens zu warten, setzt The Bear Scouts auf neue Lösungsmodelle für die Lieferketten

Im Interview mit Dio Kurazawa, Co-Founder The Bear Scouts

The Bear Scout
Quelle & Copyright by The Bear Scout

Autor: Haus von Eden

Durch die Arbeit als Designer und seiner jahrelangen Erfahrungen in der Modebranche, kennt Dio Kurazawa die Problemstellen der Industrie genau. Mit der Gründung von The Bear Scouts behandelt er das zentrale Problem der Lieferketten in der Mode. Gemeinsam mit Brands und Lieferant*innen werden durch kreative und innovative Lösungen die derzeitigen Standards durchbrochen. Existierende Beziehungen werden dadurch gleichzeitig verantwortungsvoll und wettbewerbsfähig.

The Bear Scouts fördert eine richtungsweisende Neugestaltung der Lieferketten durch die Potentiale der Kreislaufwirtschaft, Biodiversität, Sponsoring oder Digitalisierung. Als gefragter Berater ist Dio Teil des Responsibility Board von Ganni und spricht mit uns über den aktuellen Stand der Modeindustrie sowie die Bedeutung von Kollaboration und Innovation als Beschleuniger für Veränderung.

"Ein nachhaltiges Kleidungsstück ist ein Produkt, das aus Abfall oder weggeworfenen Materialien hergestellt wird und so lange wiederverwendet wird, bis es zum Schluss für den nächsten Gebrauch an die Erde zurückgeht"

Dio Kurazawa, Co-Founder The Bear Scouts

In welcher Phase der nachhaltigen Transformation der Modeindustrie befinden wir uns derzeit?

Ich würde sagen, wir befinden uns in Phase 2 einer langen Reihe von Geschehnissen, allerdings mit einem unbekannten "Endpunkt". Glücklicherweise haben wir, als Teil von Phase 1, die existierenden Probleme bereits erkannt. Doch, wie in unserem kapitalistischen System üblich, befinden wir uns nun in dem Teil der Story, wo viele verantwortungsvolle Mode für Greenwashing nutzen. Ich würde die derzeitige Situation daher als die "Greenwashing-Phase" bezeichnen, gefolgt von der 3. Phase "Zeigt Eure Quittungen".

Wir machen langsam Fortschritte, sind aber noch lange nicht am Ziel. Die nächsten Jahre werden sicher von einer Reihe gebrochener Verpflichtungen geprägt sein, was die gesetzten Ziele für 2025 und 2030 betrifft. Denn viele dieser Maßnahmen, so gut sie auch gemeint sein mögen, erfordern eine engere Beziehung zur Lieferkette und zur Kreislaufwirtschaft, als dies derzeit der Fall ist.

Wie setzen The Bear Scouts ihr Ziel um, "Lieferketten zirkulär zu machen" und wo liegt dabei die größte Herausforderung?

Der größte Teil unserer Arbeit besteht darin, Lieferant*innen, Innovator*innen und Marken bzw. Einzelhändler*innen zusammenzubringen, um das derzeitige System zu durchbrechen. Es gibt einfach zu viele isolierte Arbeitsabläufe. Wir bringen all diese Parteien zusammen und helfen ihnen, die Komplexität des jeweils anderen Seite besser zu verstehen. Wir finden wirklich bahnbrechende Lösungen, die die Art und Weise verändern, in der Produkte beschafft, produziert, verpackt, verkauft sowie wiederverwendet werden.

Die größte Herausforderung besteht immer darin, alle an einen Tisch zu bekommen. Dabei geht es nicht nur um die Abstimmung von Zeitplänen, sondern auch um die Beseitigung des Konkurrenzdenkens. Wir bringen mehrere Einzelhändler*innen, Marken und Lieferant*innen zusammen, um einen wirklich sinnvollen und messbaren Wandel herbeizuführen. Es funktioniert, aber es ist eine Herausforderung.

Source & Copyright by Ganni, Sustainable Software Collection

Bei der Anpassung von Lieferketten fürchten Unternehmen vor allem Kostensteigerungen, ist das ein berechtigtes Hindernis?

Die Kosten sind sicherlich ein Problem, aber ich bin auch der Meinung, dass jede Abteilung von solchen Entscheidungen betroffen ist - Design, Entwicklung, Logistik, Finanzen, CSR. Es ist nicht so einfach, etwas zu ändern. Die Beziehungen, die sich zwischen Lieferant*innen und Marken aufbauen, brauchen Jahre, um gepflegt zu werden. Der Aufbau einer neuen Beziehung ist fast immer die letzte Option. Es ist viel besser, den bestehenden Lieferant*innen einer Marken zu helfen, durch verantwortungsvolle Innovationen wettbewerbsfähiger zu werden. Wir lieben unsere Kollaborationen zwischen Lieferant*innen und Marken, die beiden Parteien die Möglichkeit geben, neue Innovationen zu testen.

Warum ist Kreislaufwirtschaft der Schlüssel zur Nachhaltigkeit?

Wir erzeugen und verbrauchen viel mehr als wir recyceln. Außerdem verbrauchen wir natürliche Ressourcen in einem nicht nachhaltigen Ausmaß, um diese Produkte herzustellen. Die Kreislaufwirtschaft bietet uns die Möglichkeit, die Lieferkette mit Abfallprodukten aus der Zeit vor und nach dem Verbrauch zu versorgen, wodurch man die Lebensdauer eines Produkts über den einmaligen Gebrauch hinaus verlängert.

Was sind aktuelle bahnbrechende Innovationen bei The Bear Scouts?

Ich bin begeistert von der Gründung von RFC, die dazu beiträgt, die Ungleichheit zwischen Marken und Lieferanten zu verringern. Genauso begeistert bin ich aber auch von unserer jüngsten Partnerschaft mit BNV.ME, die NFTs und das Metaversum erforschen. Wir haben viele neue Innovationen, u.a. Material, Veredelung, Verpackung, die bald kommen werden, aber sie sind Teil eines Projekts, das wir mit unseren Partner LN-CC haben, also ist es im Moment noch geheim.

Jawara Alleyne x BNV blunt dress NFT

Quelle & Copyright by Jawara x BNV blunt dress NFT

Welche Rolle spielt Kollaborationen?

Kooperationen müssen für alle beteiligten Parteien sinnvoll sein. Wir konzentrieren uns normalerweise nicht auf Brand-to-Brand-Kollaborationen, da wir immer unsere Innovationen und Lieferant*innen präsentieren wollen. Wir haben gerade eine zirkuläre Kollektion mit LNCC X HYMNE STUDIO X ONLINE CERAMICS von Scoop Portugal herausgebracht. Für das Produkt wurden alle Materialien aus dem Lagerbestand verwendet. Vier Teilnehmer mit großer Geduld und Energie.

Sponsoring wird oft als Greenwashing gesehen, warum ist Euer Sponsoring-Modell hingegen effektiv?

Wir helfen jungen, einflussreichen Designer*innen dabei, Factory-Outlet-Center für innovative und Materialien zu erreichen, im Austausch für Marketing-Maßnahmen. Außerdem stellen unsere Lieferant*innen erstaunliche Produkte für eine große Anzahl einflussreicher Marken her. Die meisten Marken teilen ihre Lieferant*innen aus Wettbewerbsgründen nicht mit anderen. Allerdings stellen wir die in Frage und bieten den Lieferant*innen die Möglichkeit, ihre Lösungen auf der Markenplattform zu präsentieren. Alle unsere Produkte werden mit einer Ökobilanz geliefert, die unserem Anspruch an verantwortungsvolle Mode entspricht.

Können Pre-Oder und Made-2-Oder eine Lösung für das Problem des Überkonsums und Verschwendung sein?

Wenn wir übermäßig konsumieren können, werden wir es tun. Vielleicht finden einige von uns in der westlichen Welt Alternativen zum Überkonsum, aber viele Personen in den Schwellenländern verfügen zum ersten Mal über ein richtiges Einkommen. Für sie hat die Geschichte des Überkonsums gerade erst begonnen! Ich glaube nicht, dass sich das Verhalten der Verbraucher*innen ändern wird.

Ich glaube aber, dass Vorschriften Veränderungen erzwingen und den Überkonsum vielleicht dadurch teurer machen. Das wird das neue Drehrad sein "Wie viel Überkonsum kann ich mir leisten?" Pre Order und Bespoke bleibt aber ein Teil des Konsums.

Quelle & Copyright by LN-CC, Late Night Collection

Du bist Teil des Responsibility Board von Ganni, wer sind sonst noch Deine Lieblingspioniere im Bereich Sustainable Fashion?

GANNI / MARIAH ESA / GREG LAUREN / CHRISTOPHER RAEBURN / HYMNE STUDIO / NIKOLAJ STORM / UGO PAULON / LE TINGS / BETHANY WILLIAMS / FADE OUT / 424 / DIVISION / ZEGNA / VIRÓN

Vielen Dank für das Gespräch Dio Kurazawa

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