Sponsoring nachhaltiger Brands und Events wird immer populärer - aber warum? Wir diskutieren, ob es sich um Greenwashing handelt oder einen echten Beitrag leistet
Autor: Haus von Eden
Aktuelle Diskussionen über die Modebranche überraschen. Anstelle von Teasern für kommende Kollektionen oder News über das "Who's Who" der Fashion Weeks, tritt ein richtungsweisendes Schlagwort in der Vordergrund: Nachhaltigkeit. Neben kleinen Labels, die nachhaltiges und ethisches Commitment seit ihrer Gründung beweisen, positionieren sich nun auch Industriegiganten als Motoren des Wandels. Sie verpflichten sich zu Nachhaltigkeitsagenden, gehen Kooperationen ein und sponsern nachhaltige Brands oder Events.
Jüngstes Beispiel: Der Zalando Sustainability Award, der bei der Copenhagen Fashion Week verliehen wurde. Und das, wobei die CPHFW als Pionier der nachhaltigen Modewochen gilt, während Zalando nicht wirklich mit Nachhaltigkeit assoziiert wird. Vielmehr mit einem breiten, stets wechselndem Sortiment sowie kurzen Lieferzeiten. Dass diese Entwicklung kontroverse Reaktionen hervorruft, ist also kein Wunder. Aber definitiv Grund für eine Diskussion. Gesponserte Sustainability Events - Greenwashing oder ein Schritt in die richtige Richtung?
Quelle & Copyright by Copenhagen Fashion Week
Wieso wollen Brands überhaupt Sponsoren werden?
Julia Leifert, Designerin für nachhaltige High-End Mode ist persönlich betroffen und stellt sich aufgrund potentieller Kollaborationen selbst die Frage: Geht es hier um Greenwashing oder echtes Engagement? Ihre Meinung dazu: "Als Sponsoren gewisser Events erhoffen sich große Marken natürlich in erster Linie ein gewisses Image. Sie bieten den Kooperationspartnern aber gleichzeitig eine Plattform, die sie sichtbarer werden lässt, welche sie sonst oft nicht hätten. Grundsätzlich sehe ich diese Entwicklung positiv, wenn die großen Player nicht versuchen, die Botschaft zum eigenen Vorteil zu verzerren und eher als Unterstützer im Hintergrund bleiben."
Aufgrund der sich verschärfenden Klimakrise wird Nachhaltigkeit zum handlungsentscheidenden Zukunftsthema vieler Marken. Und damit auch derer, die Umweltschutz nicht inhärent in ihrer Unternehmens-DNA verankert haben. Das ist ein wichtiger Schritt, da nur so die Klimaziele erreicht werden können. Oft werden nachhaltige Commitments allerdings in Frage gestellt. Zu oft wird Greenwashing praktiziert - Image Building und Profit scheinen das aufrichtige Streben nach Wandel zu kompensieren.
Grund dafür, dass Image Building durch Nachhaltigkeit immer populärer wird, ist der Zeitgeist: Zielgruppen fordern Nachhaltigkeit als Teil ihres modernen Lifestyles. Für manche Marken bedeutet das die logische Konsequenz, ihr Image grün zu waschen. Wenn es um Sponsoring geht, wird diese Sorge immer lauter. Was ist die Intention des Sponsorings? Wollen Unternehmen wirklich nachhaltiger werden oder ihre Schwächen durch die Verbindung zu verantwortungsvollen Marken ausgleichen?
"Sponsoren können als Unterstützer positiven Wandel ermöglichen" - Julia Leifert, New Luxury Pionierin und Designerin
Julia Leifert, Mode Designerin
Kollaboration als Win-Win-Situation
In der Zukunft ist es wichtig, Trends zu reduzieren: Weniger Modetrends, Kollektionen und Modenschauen. Dafür mehr Kollaborationen. Durch Kollaborationen können Brands anstelle von zwei Kollektionen nur eine mit großem Impact lancieren. Weniger Kosten für die Umwelt, dafür eine erhöhte Reichweite, Ethik und Zukunftsorientierung. Dabei haben beide Seiten jeweils einen gewissen Mehrwert, von dem die andere profitieren kann. Und das gilt auch für gesponserte Events.
"Kooperationen verschiedener Player sind in der Geschichte der Mode nicht neu. Ich beobachte seit einiger Zeit, dass vermehrt große Unternehmen, die sich bisher wenig mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben, versuchen den Wandel in der Nachfrage jüngerer Kund*innen nach transparenter und verantwortungsvoller Markenbotschaft und Antworten der Mode auf die Klimakrise, für sich zu nutzen. Diese Unternehmen haben nicht die Möglichkeit von heute auf morgen nachhaltiger zu agieren. Sie haben aber finanzielle Ressourcen, die kleine nachhaltige Playern selten haben", so Julia Leifert.
Hinzu kommt also der Kapitalfaktor. Durch Sponsoring erhöht sich nicht nur das Kapital, um eine möglichst relevante Veranstaltung zu planen. Sponsoring kann dafür sorgen, dass nachhaltige Unternehmen eine Plattform sowie finanzielle Mittel bekommen, um ihre Wahrnehmung sowie ihr Wachstum zu fördern. "Während am Ende nur die Zeit zeigen kann, ob Branchengiganten ihre ambitionierten Pläne einhalten, kann Sponsoring eine echte Chance sein. Eine echte Chance für kleine Unternehmen, solange auf Augenhöhe agiert wird und die Big Player nicht versuchen etwas zu sein, was sie nicht sind", setzt Liefert fort.
Quelle MBFW, Backstage @ I'VR Isabel Vollrath. Image by Tim Sonntag/büro bungalow
Mut zur Lücke: Glaubwürdigkeit durch Transparenz
Funktionieren kann das Modell des Sponsorings zum Mehrwert großer und kleiner Player allerdings nur vor dem Hintergrund radikaler Transparenz. So können Brands, die ihren Fokus neu für Nachhaltigkeit ausrichten, sich nämlich unter der Kontrolle der Öffentlichkeit zu einer Nachhaltigkeitsagenda bekennen. In solchen Szenerien wird Greenwashing also dadurch entgegengewirkt, dass Transparenz die Überprüfbarkeit von Glaubwürdigkeit ermöglicht.
Auch Expertin Mirjam Smend sieht sich als Gründerin von Greenstyle Munich mit der Thematik konfrontiert. In einem exklusiven Statement für Haus von Eden beruft sich die Fair Fashion Visionärin auf ihre Erfahrungen: "Als Veranstalter einer Fair Fashion Conference sprechen wir auch mit Unternehmen, die nicht klassisch aus der nachhaltigen Ecke kommen. In diesem Zusammenhang geht es uns um die Absicht: Kaufen diese Unternehmen sich ein (= Greenwashing) oder gibt es ein klar definiertes und erkennbares Commitment in Richtung Nachhaltigkeit."
Quelle Greenstyle, Copyright by DAWN Denim
Doch was passiert, wenn diese Transparenz nicht gewährleistet wird? Ohne die offene Kommunikation der Unternehmensziele- sowie Defizite bleibt nur ein vermeintlich leeres Versprechen. Smend hebt auch das Risiko einer Kollaboration hervor und welche Verantwortung damit verbunden ist. "Es ist sehr diffizil: Auf der einen Seite sind wir als kleine Veranstalter und Brands auf finanziellen Support angewiesen, um unseren Beitrag zu einer Veränderung in der Textilindustrie realisieren zu können. Auf der anderen Seite geben wir - wenn wir uns für die falschen Partner entscheiden - Unternehmen Sichtbarkeit und Credibility, die sie in diesem Zusammenhang nicht verdienen."
"Wir tragen mit unserer Kommunikation auch Verantwortung dafür, wie das Thema in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird", Mirjam Smend Fair Fashion Visonärin
Summits als Wissensvermittler und Anleiter von Sponsoring
Mirjam Smend ist überzeugt, dass Kooperationen wie Zalando x CPHFW in der Zukunft stark zunehmen werden. "Die größte Herausforderung für die Konsument*innen wird es dabei sein, die Unterscheidung zwischen gelebter Nachhaltigkeit und Greenwashing treffen zu können. Ein wichtiger Fokus unserer Arbeit liegt deshalb auf der Wissensvermittlung - über unsere Themen auf der Website und vor allem auch über unsere on- und offline Konferenzen wie dem Responsible Fashion Summit."
Als potentielle Lösung für Intransparenz ist es essentiell Wissenslücken zu schließen und sich über Innovation zu informieren. Gesponserte Events bieten zudem eine Plattform dafür, Know-How auszutauschen. Wie das funktionieren kann, beweisen immer mehr Summits. Gipfeltreffen wie der SDG Summit, der GREENSTYLE (Responsible) Fashion Summit oder der 202030 – The Berlin Fashion Summit beschäftigen sich mit der Transformation zu einer nachhaltigen Fashion Wirtschaft durch bestehende Nachhaltigkeitsinnovationen sowie pragmatischen Richtlinien.
Als Konferenzformate diskutieren Experten so Zukunftsfragen und Nachhaltigkeitsansprüche für betroffene Branchen. Eine Teilnahme an Events wie diesen fördert also die Kompetenz von Unternehmen und legt so den Grundstein dafür, in der Zukunft tatsächlich ein glaubwürdiger Sponsor zu sein.
No-List - Statement gegen Greenwashing
Darüber hinaus können klar definierte Richtlinien helfen Greenwashing zu unterbinden. Dabei besonders wichtig: Regulierungen für die Qualifizierung von Sponsoren. Trotz Step-by-Step Mindset und Ambition nachhaltiger zu werden, gibt es Praktiken, die indiskutabel sind - für die kompromisslos Zero Tolerance herrscht. Welche Praktiken dazu gehören, zeigt unsere No-List:
- Keine Toleranz für Kinderarbeit
- Faire Löhne und Arbeitsbedingungen
- Kein Tierleid
- Keine Verwendung von toxischen Schadstoffen
Und auch die Reduktion von Emissionen, Energie- sowie Wasserverbrauch und Abfall sollte in der Planung sein. Zudem Strategien für grüne Flotten und digitalen Lösungen. Dies gilt auch für die Veranstaltung. Denn auch wenn sie im Namen der Nachhaltigkeit stehen, verursachen Events nämlich Umweltauswirkungen wie Energiekosten oder Emissionen und fördern eventuell sogar den Druck für Designer noch mehr zu produzieren.
Fazit: Sponsoring - großes Potential mit großer Verantwortung
Zwischen all den Pro- und Kontra-Argumenten wird klar, dass es keine eindeutige Antwort auf die Frage gibt, ob Sponsoring von Sustainability Events durch große Player nun Greenwashing oder Commitment ist. Doch eins ist klar, nämlich dass Nachhaltigkeit mehr Bühnen und Reichweite braucht. Und zwar durch finanzielle Unterstützung und Sichtbarkeit. Voraussetzung für ein Sponsoring mit positivem Impact ist somit, Transparenz, Richtlinien und Austausch.
Essentiell ist es dabei auch, Nachhaltigkeit als einen Prozess zu verstehen. Oder, in den Worten von Julia Leifert im Interview: "Es ist wichtig irgendwo anzufangen - 100% sind kein kurzfristiges Ziel, sondern eine Vision". Da es von Null auf Hundert keine holistische Nachhaltigkeit geben kann, ist es also wichtig, sich sukzessive zu engagieren sowie zu verbessern. Und das auch mittels Sponsoring. Positioniert sich ein großer Player transparent, wissbegierig und willensstark gegenüber Veränderung, wird Sponsoring zum legitimen Teil des Prozesses auf dem Weg zur Nachhaltigkeit.
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