Nona Source – Repurpose-Modell für Deadstock will Zirkularität beschleunigen

Marie Falguera über den Resale von Restposten exklusiver Modehäuser als Lösungsansatz für das Abfallproblem der Modeindustrie

Nona Source
Source & Copyright by Nona Source | Nona Source Showroom La Caserne Paris

Autor: Julia

Nona Source steht für die wichtigsten Pfeiler des Contemporary Fashion: Demokratisierung, Qualität und Nachhaltigkeit. Der Ansatz wird durch ein Repurpose-Modell verwirklicht, bei dem die digitale Wiederverkaufsplattform Stoff-Restposten von Luxushäusern zum Resale anbietet. Dadurch ermöglicht Nona Source etablierten Marken und aufstrebenden Talenten Zugang zu hochwertigen Stoffen mit fairen Preisen. Gleichzeitig bewirtschaftet das Modell die Wiederverwendung vorhandene Ressourcen im Sinne der Kreislaufwirtschaft.

Die Co-Founder Marie Falguera, Romain Brabo und Anne Prieur du Perray wurden in der Gründung von Nona Source von DARE, einem Inkubator für die Umsetzung innovativer Projekte von LVMH, unterstützt. Im exklusiven Interview mit Haus von Eden spricht Marie Falguera über Herausforderungen bei der Aufwertung von Restposten und zeigt ihren Lösungsansätze für das Abfallproblem der Modeindustrie.

Marie Falguera, Co-Gründerin Nona Source

War war Eurer Moment of Change?

Alles begann 2017 als unser Co-Founder Romain Brabo, Experte für den Einkauf und die Herstellung von Materialien bei Givenchy, durch einen glücklichen Zufall auf die "Sleeping Beauties" stieß. So nennen wir die hochwertigen Stoffe, die Modehäuser in ihren Lagern aufbewahren. Romain erkannte die Möglichkeit, das ungebrauchte kreative Potenzial der Stoffe auszuschöpfen, indem man ihnen über eine Resale-Plattform ein neues Leben schenkt.

Nachdem die Plattform über 14 Monate lang entwickelt wurde, fand der offizieller Launch von Nona Source im April 2021 statt. Heute, nutzt eine aktive Community von über 800 "mindful creatives" - von Marken bis hin zu Designer*innen - unseren E-Shop, um Textilien zu erwerben. So konnten wir bereits 170 Kilometer an verschiedenen Stoffen verkaufen und ihnen somit einen neuen Sinn geben.

LVMH fördert Nona Source, welche Möglichkeiten eröffnet das?

Im Grunde basiert die Kreislaufwirtschaft auf der Verlängerung der Lebenszyklen von Produkten. Genau diesen Grundgedanken der Langlebigkeit teilen alle High-End-Marken: Hohe Qualität, Langlebigkeit, Savoir-faire und Dienstleistungen wie Reparaturen sind bei Luxusprodukten bereits selbstverständlich. So tragen High-End-Marken Nachhaltigkeit in ihrer DNA und müssen keine grundsätzlich neuen Geschäftsmodelle entwickeln.

Allerdings bietet die Kreislaufwirtschaft nicht nur die Chance Umweltbelastungen zu reduzieren, sondern auch die Gelegenheit zu innovieren. Mit dem Launch von Nona Source hat die LVMH-Gruppe eine neue Art der Kreislaufdienstleistung eingeführt, die auf der Bewirtschaftung wertvoller sowie vorhandener Ressourcen basiert. Dieses Commitment zeigt das starke Engagement des Konzerns gegenüber der innovativen Förderung der Circular Economy.

nona source fabrics

Source & Copyright by Nona Source

Was genau steckt hinter den "Sleeping Beauties" und ihrer wettbewerbsfähigen Bepreisung?

Wie zuvor angeschnitten sind die "Sleeping Beauties" Materialreste, die am Ende eines Produktionszyklus in den Lagern von Luxusmarken verbleiben. Ungenutzt, abgeschrieben und vermeintlich entwertet. Um dieser Fehlinterpretation entgegenzuwirken, arbeitet Nona Source eng mit den Mode- sowie Lederwarenhäusern von LVMH zusammen und kauft ihre End-of-Line-Produkte auf.

Unser Ziel ist es, diese Stoff- und Lederreste wieder auf den Markt zu bringen. Das machen wir zu wettbewerbsfähigen Preisen, um der gesamten Mode- und Designbranche hochwertige Textilien zugänglich zu machen. Bedeutet: Die Preise liegen 60-70% unter dem ursprünglich gezahlten Bruttopreis. Nur durch diese Zugänglichkeit können sich Qualität und Nachhaltigkeit entlang der gesamten Branche etablieren.

Wer ist Eure Zielgruppe und was bietet Ihr Euren User*innen?

Der Kundenstamm von Nona Source ist vielseitig: Von jungen Designer*innen und aufstrebenden Brands bis hin zu etablierten Marken in ganz Europa. Ein Grund dafür ist unser exklusives und doch breites Sortiment - der Onlineshop verfügt über mehr als 1.200 sorgfältig kuratierte Stoffe und wird alle 6 Wochen aktualisiert. Allerdings liegt unser USP in der einzigartigen User Experience von Nona Source: Einkäufer*innen finden mit nur wenigen Clicks hochwertige Materialien zu wettbewerbsfähigen Preisen. Ob Seide, Leinen, Kaschmir oder Leder - sowohl unsere Qualität als auch unsere Preise sind unvergleichlich.

Außerdem haben wir ein innovatives Beschaffungserlebnis entwickelt: Textur, Faltenwurf, Fall und Farben der Stoffe lassen sich mit hoher Wiedergabequalität digital einsehen. Wer Offline-Experiences bevorzugt, hat allerdings auch die Möglichkeit einen privaten Termin mit unseren Nona Source-Expert*innen zu buchen und einen unserer Showrooms in Paris oder London zu besuchen.

Was sind die größten Herausforderungen im Prozess der Aufwertung von Stoffen?

Die Rückverfolgbarkeit ist eine der größten Herausforderungen. Sobald Materialien am Ende ihres Produktionszyklus zu Restposten werden, geht das Wissen über sie oft verloren. Um dies zu vermeiden, arbeiten wir eng mit den Luxushäusern zusammen. Wir sammeln Daten zu den Stoffen und erleichtern so ihre Bestandsaufnahme, Sortierung und Online-Aufwertung. Spezifische Prozesse wie die Ent-Etikettierung von Stoffen stellen uns dabei nicht vor Herausforderungen, weil wir kein Material kaufen, das unter IP (Intellectual Property) steht.

nona source experience

Source & Copyright by Nona Source

Wenn es um zirkuläre Mode geht, stehen wir vor einem Problem der Skalierbarkeit. Wie adressiert Nona Source dieses Problem?

Für mich ist die Digitalisierung der Schlüssel, um den Übergang zu einer zirkulären Modeindustrie zu beschleunigen. Beispielsweise bietet unser E-Shop eine hohe Sichtbarkeit für die verfügbaren Bestände, sodass mehr Marken sowie Designer*innen erreicht werden. Damit einhergehend steigern wir die Reichweite unseres Repurpose-Modells und leisten so einen Beitrag zur Skalierbarkeit zirkulärer Mode.

Allerdings sehe ich auch eine große Chance in begrenzten Verfügbarkeiten: Die Aufwertung von Raritäten. Da unsere Stoffe nur in gewisser Quantität erhältlich sind, können unsere Kund*innen die Begriffe der Exklusivität und Qualität für sich nutzen. Seltene Capsule-Pieces aus limitierten Kollektionen oder Eco-Design-Positionierungen steigern die Attraktivität kontemporärer Marken.

Hältst Du Wiederverkaufsmodelle für die Lösung des Abfallproblems der Modeindustrie?

Um das Abfallproblem der Modeindustrie nachhaltig zu lösen, müssen wir einerseits die Lebenszyklen von Produkten verlängern und andererseits neue Konsumkreisläufe schaffen. Das bedeutet, dass der Wiederverkauf neben Wiederverwendung und Reparatur Teil der Lösung ist. Allerdings reicht das nicht. Diese Modelle müssen vielmehr als Ansätze verstanden werden, um Innovationen zu fördern und neue Geschäftsmöglichkeiten zu eröffnen.

Ein weiterer Schlüssel: Die Erhöhung des Anteils recycelter Materialien. Es ist jedoch fragwürdig, ob die Industrie ganz auf Virgin Material verzichten kann. Bislang erfüllen nämlich nicht alle recycelten Materialien Kriterien der Haltbarkeit sowie Wiederverwertbarkeit. Genau diese Aspekte sind allerdings essenziell, um signifikante Effekte zu erzielen und negative Umweltauswirkungen überhaupt zu minimieren. Ihre Umsetzung gilt deshalb als wichtige Herausforderung für Ökodesign und Innovation.

Was ist Deine Vision für Nona Source und was können wir in Zukunft erwarten?

Nona Source wurde mit der Mission, den Abfall der Modeindustrie zu reduzieren, gegründet. Davon ausgehend setzen wir auf einen nachhaltigen sowie umweltfreundlichen Ansatz, der eine neue Art des Designs, der Herstellung und des Konsums fördert. Und stets mit dem strategischen Pfeiler "Circular Creativity" des Umweltprogramms LIFE 360 der LVMH-Gruppe übereinstimmt. Um diese Vision umzusetzen, haben wir mit dem Repurpose-Modell von Stoffen angefangen. In Zukunft wollen wir auch andere ungenutzte Ressourcen aufwerten und in den Kreislauf aufnehmen.

Im nächsten Schritt wollen wir unsere Positionierung als nachhaltige sowie zugängliche Beschaffungslösung in Europa ausbauen. Dazu haben wir unseren zweiten Showroom im Mai 2022 in London eröffnet und arbeiten mit Institutionen wie der Fédération de la Haute Couture et de la Mode oder dem British Fashion Council zusammen. Wir sehen die Erweiterung unseres Netzwerkes und unseres Pools an B2B-Kund*innen als Schlüssel, um die Wiederverwendung hochwertiger Stoffe zu maximieren sowie zu normalisieren. Für mich ist die Kreislaufwirtschaft eine fantastische Spielweise für engagierte Menschen, die sich für eine nachhaltigere Mode einsetzen.

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