Luxusdenken: Über resiliente Luxusmarken und zukünftige Erfolgsfaktoren

Chefredakteurin von Luxury Tribune, Cristina d’Agostino, spricht über neue Kreativität auf dem Luxusmarkt

Im Interview mit Cristina d'Agostino, Luxury Tribune

Luxus Markt
DIOR BOUTIQUE SAINT HONORE, Copyright by Dior

Autor: Haus von Eden

Luxury Tribune ist eine neues Magazin, das sich ausschließlich der Luxusbranche widmet. Als offizieller Partner des Schweizer Zentrums für Luxusforschung schafft die Medienplattform eine Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, liefert News über die Luxusbranche und enthüllt aktuelle Herausforderungen.

In einem Interview mit Haus von Eden teilt Cristina d'Agostino, Chefredakteurin bei Luxury Tribune, ihre Gedanken zur Entwicklung des Luxussektors: Sie spricht über die Kriterien für krisenfeste Luxusmarken, die Zukunft der sozialen Medien und Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit.

"Green Washing oder das Versagen, Wörter mit Handlungen in Einklang zu bringen, stellt immer noch ein Problem für viele Marken dar. Die Verantwortung einer Marke in ihrem Engagement für die Menschenrechte zum Beispiel, muss in Aktion gesehen werden."

Cristina d'Agostino, Editor-in-Chief Luxury Tribune

Digitalisierung und gesellschaftliches Engagement als zentrale Erfolgskriterien in der Krise

Luxusmarken haben während der Krise unterschiedliche Entwicklungen gezeigt. Während dies stark mit der Branche zusammenhängt, in der sie tätig sind, gibt es bestimmte Faktoren, die einige Marken widerstandsfähiger gemacht haben als andere. Diese Ansätze mussten bereits vor der Pandemie manifestiert worden sein und konnten nicht durch Ad-hoc-Maßnahmen kurzfristig entwickelt werden.

"Der Hauptgrund, warum einige Luxusmarken während der Krise widerstandsfähig waren, war vor allem ihre, bereits vor Beginn der Pandemie, starke Präsenz auf digitalen Verkaufsplattformen. Aber es ist auch ihre Präsenz auf dem chinesischen Markt, in Geschäften und auf Plattformen wie Tmall. Darüber hinaus das Engagement von Fan-Communities auf der ganzen Welt ", sagt Luxusexpertin Cristina d'Agostino.

"Einige Luxusmarken waren verdächtig ruhig während des ersten Lock-Downs, andere Marken hingegen, die unabhängig und flexibler waren, betraten sofort das Feld, indem sie über Instagram oder WhatsApp mit ihren Communities in Kontakt traten. So zum Beispiel die Uhrenmarke MB&F ", erklärt sie weiter.

Marken erreichen über Online-Kanäle neue kreative Dimensionen

Mit der Zeit wurde der Markt während der Pandemie überflutete von digitalen Events. Online-Modenschauen waren eines der Formate, die sich schnell durchsetzten. In den letzten Monaten haben einige Luxusmarken jedoch die digitalen Fashion-Weeks ausgesetzt. Die digitale Umstellung hat auch zu einem strategischen Umdenken geführt: Während früher Modenschauen sehr angesagt waren, konnten Events nun über neue digitale Konzepte realisiert werden. Diese bietet großen Luxusmarken die Möglichkeit, ihre eigenen Laufsteg zu kreieren und Marketingkampagnen gezielter und effizienter durchzuführen.

"Online-Modenschauen haben eine neue Möglichkeiten für Kreativität eröffnet. Louis Vuitton, Dior und andere Modemarken haben Filmregisseure aufgefordert, ihren Markenwelten neu zu interpretieren, eine Bereicherung für die Luxuswelt. Das Produkt war nicht mehr die einzige Dimension durch die eine Marke ausgedrückt werden konnte, eine digitale Multiplikation sozusagen. Zum Beispiel die Symbolik der Tarotkarten bei Dior, Inklusion und das gesellschaftliche Herausforderungen bei Louis Vuitton, das Reisen bei Balmain."

Luxus Markt

Source & Copyright by Balmain

Sozialen Medien werden sensibler

Anfang diesen Jahres hat die erste große Luxusmode-Marke Social Media verlassen. Mit Ausnahme von China hat Bottega Veneta seine Präsenz auf Instagram, Twitter und Facebook gelöscht. Also geht der neue Luxus off the Radar?

"Es ist klar, dass sich die Strategien in sozialen Netzwerken dramatisch ändern. Die E-Reputation wird immer wichtiger, aber je nach Land und Identitäten schwierig zu bewahren. Aufgrund der Gesundheitskrise nehmen die kommerziellen Spannungen zu, ebenso wie länderspezifische Reaktionen", erklärt die Chefredakteurin von Luxury Tribune.

bottega Venta magazin

Online Magazin Bottega Veneta

"Marken wie Burberry, Nike oder H&M haben dies gerade auf ihre Kosten erkannt, die alle vorübergehend von E-Commerce- oder Videospielplattformen ausgeschlossen wurden. Soziale Netzwerke bleiben der zentrale Schlüssel zu Interaktion mit dem Publikum, gleichzeitig werden aber die Themen immer wichtiger und sensibler. Das Risiko entsteht, dass Marken wie Bottega Veneta, die gerade beschlossen hat ein Online-Magazin anstelle von sozialen Netzwerken zu vermarkten, sich gänzlich davon lösen", fährt sie fort.

"Luxusmarken wollen immer mehr Kontrolle über die Nachrichten die sie senden. Da sozialen Netzwerke geben hierfür keine vollständige Sicherheit. Die Lösung sind daher vollständig kontrollierte Inhalte wie ein Online-Magazin, Film, ein Feature auf Netflix oder ein anderes Netzwerk. Darauf würde ich wetten.”

Virtuell wird buchstäblich Realität

Auch wenn Fragen der Datensicherheit weiter bestehen, wird die Digitalisierung in der Luxusbranche auf das nächste Level gelangen. Augmented Reality und künstliche Intelligenz kommen zunehmend zum Einsatz. Zum einen um die Wertschöpfungskette zu optimieren und zum anderen um das Kundenerlebnis zu optimieren. AR-Technologie basierte virtuelle Umkleidekabinen könnten beispielsweise dazu beitragen, die Anzahl der Retouren zu reduzieren und den Kunden durch Analyse der zugrunde liegenden Daten individuelle Angebote zu unterbreiten. Dies funktioniert nicht nur für Mode, sondern auch für Kosmetik oder Automobil.

"Augmented Reality und künstliche Intelligenz haben bereits Oberhand gewonnen. Augmented Reality wurde beispielsweise von Dior für seinen neuen ID-Sneaker verwendet, die Verbraucher virtuell anprobieren können. Aber es sind sind virtuelle NFT, die das nächste große Business sein werden. Die erste Auktion einer NFT-Luxusuhr hat kürzlich stattgefunden. Ein authentisches digitales Duplikat einer echten Uhr, die über die Blockchain zertifiziert wurde, wurde bei einer Auktion gekauft. Es ist verrückt, aber es ist buchstäblich virtuelle Realität", sagt Cristina d'Agostino.

Dior Id sneakers

Source & Copyright by Dior

Nachhaltigkeit bliebt schwierig nachzuverfolgen, aber Verbraucher machen keine Zugeständnisse mehr

Aktuelle Studien haben gezeigt, dass selbst Luxuskonglomerate mit hohen finanziellen Ressourcen hinter ihren rhetorisch erklärten Nachhaltigkeits-Ambitionen zurückbleiben. Die Messung der Nachhaltigkeitsperformance ist aufgrund nicht standardisierter Daten und einer inkonsistenter Berichterstattung immer noch schwierig. Dies führt zu einem umfassenderen Problem der Rechenschaftspflicht, weshalb besonders junge Verbraucher ethische Produkte und mehr Transparenz fordern.

"Das typische Profil eines Luxuskonsumenten von morgen wird jemand sein, der auf die Qualität des Materials, den Hersetllungsort und die Ethik achtet, mit der das Produkt hergestellt wurde. Die Authentizität der Mraken-Botschaft wird von größter Bedeutung sein, denn diese Konsumenten machen keine Zugeständnisse mehr machen. Sie werden weniger kaufen, aber besser, ob es sich um ein Möbelstück, ein Kleidungsstück, Essen oder einen Aufenthalt in einem Hotel handelt", sagt die Luxus-Expertin.

"Die großen Luxuskonzerne machen mittlerweile große Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit. Kering ist ein Pionier auf diesem Gebiet. Aber heute haben LVMH und Richemont ehrgeizige CSR-Chartas eingerichtet. In der Praxis sind jedoch immer noch Widersprüche vorhanden. Es ist klar, dass Green Washing oder das Versäumnis, Worte mit Handlungen in Einklang zu bringen, immer noch ein Problem ist, mit dem Marken konfrontiert werden. Die Verantwortung einer Marke für ihr Engagement für Menschenrechte muss beispielsweise in Aktion gezeigt werden. Das Beispiel der Baumwollproduktion in der chinesischen Region Xinjiang in der uigurischen Gemeinschaft hat die Grenzen des Engagements bestimmter Marken deutlich gemacht."

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