- Die Copenhagen Fashion Week 2023 motiviert immer mehr Marken zur Umsetzung ambitionierter Nachhaltigkeitsanforderungen
- Zalando Sustainability Award wird zum Zalando Visionary Award und zeichnet ganzheitliches Engagement aus
- Ganni setzt KI als ergänzendes, werteorientiertes Runway-Elemement ein - abseits der verbreiteten Skepsis der Mode gegenüber der Technologie
Anlässlich der Copenhagen Fashion Week lag die Aufmerksamkeit der Modewelt vom 9. bis 12. August auf Dänemarks pulsierender Hauptstadt. Das Fashion Capital, das die Big Four der Modewochen längst zu einer Big Five gemacht hat, brachte die internationale Modeszene, renommierte Namen und aufstrebende Designer:innen zusammen. Neben den tonangebenden Spring/Summer 2024 Trends erwarteten das Publikum vielversprechende Newcomer:innen aus Skandinavien und darüber hinaus, sowie zukunftsweisende Konzepte, die virtuelle und physische Welt einen. Gemäß der DNA der CPHFW natürlich unter dem Leitbild des kompromisslosen Strebens danach, Nachhaltigkeit in der Mode zu beschleunigen. Höchste Zeit für einen Recap.
Copenhagen Fashion Week 2023: Große Bühne für noch größere Ambitionen
Angesichts des Klimawandels, der tragenden Rolle der Modeindustrie und dem allgemeinen Wandel zum Purposeful und Quiet Luxury ist es nicht überraschend, dass die CPHFW wächst, sowie ihr Programm kontinuierlich ausweitet. Im Big Picture nimmt sie für viele sogar die Funktion als Katalysator für die nachhaltige Entwicklung des Sektors ein.
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Vor Start der Modewoche äußerte sich Cecilie Thorsmark, CEO der Kopenhagener Modewoche, gegenüber Vogue Scandinavia. Da sich die CPHFW nicht nur als Modewoche, sondern auch als Zukunftsplattform weiterentwickle, müsse auch ihre Bühne für aufstrebende und etablierte Führungskräfte wachsen. Umgesetzt bedeutete diese Vision nicht nur die Erweiterung des Show-Fahrplans, sondern auch des Präsentations- und Veranstaltungsfahrplans. Im Gegensatz zu vergangenen Editionen eröffnete deshalb schon der Montag als Showtag. Das gesamte Programm umfasste Showrooms, Präsentationen, Events, Abendessen, Installationen - und natürlich Runways.
Ob etablierte Brands oder Newcomer: CPHFW definiert obligatorische Nachhaltigkeitsanforderungen
Die Modewoche besteht nach wie vor auf seine ambitionierten Nachhaltigkeitsanforderungen. Mit diesen hat sie bereits in der letzten Saison (AW23) eine Reihe von Mindeststandards in sechs Schwerpunktbereichen, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken, eingeführt. Genauer handelt es sich dabei um 18 obligatorische Kriterien, die Marken erfüllen müssen, um teilzunehmen. Darunter die Verwendung von mindestens 50 % nachhaltigen, recycelten oder upgecycelten Materialien, Zero Waste bei Bühnenbild und Showproduktion, sowie Second-Life-Modelle für Materialreste.
Dass dieser Ansatz motivierend statt einschüchternd wirkt, zeigt das Lineup der aktuellen SS24 Edition. Gleich mehrere neue Brands und Designer:innen nahmen teil. Dafür räumt die CPHFW ihnen ein Jahr ein, um die Standards zu erfüllen. Und ihr Engagement gegebenenfalls zu verstärken. "Wir sehen das nicht als Möglichkeit, die Messlatte für die Modewoche herabzusetzen - im Gegenteil, wir sehen es als eine wichtige Gelegenheit, noch mehr Marken dazu zu bringen, ihre Maßnahmen dringend zu beschleunigen", kommentierte Thorsmark gegenüber Vogue Scandinavia. Parallel dazu sei die fortgesetzte Hingabe der erfahrenen Showmarken erfreulich.
Zalando Visionary Award: Incentive für ganzheitliches Engagement
Neu im Zeitplan der Copenhagen Fashion Week 2023 war die erste Verleihung des Zalando Visionary Award, mit dem Paolina Russo für ihren gleichnamigen Londoner Brand ausgezeichnet wurde. Laut Angaben der Jury seien ihre starke Beziehung mit kreativen Partner:innen, sowie ihre Lieferkette, die Innovation mit verantwortungsvollen Prozessen verbindet, ausschlaggebend gewesen.
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Aber was genau steckt hinter der neuen Auszeichnung? Nach drei Jahren des Zalando Sustainability Award wurde das Konzept zum Zalando Visionary Award weiterentwickelt. Die Ambition dahinter forciert einen ganzheitlichen Ansatz: Der Preis rückt die Changermaker ins Rampenlicht, die sich nicht nur für Nachhaltigkeit, sondern auch für Design und Kreativität, Innovation, sowie positive soziale Auswirkungen engagieren. Und zwar mit dem Ziel, sinnvolle Veränderungen für die Zukunft zu schaffen.
Die Bewerbung für den Award basiert auf genau diesen Säulen: Kreativität und Design, sozialer Einfluss und Innovation. Um in Frage zu kommen, müssen Bewerber:innen in diesen Bereichen mit Disruption glänzen und darüber hinaus die Nachhaltigkeitsanforderungen der Copenhagen Fashion Week erfüllen. Wer von der internationalen Jury, die aus Branchenpionier:innen, Vertreter:innen von Zalando, sowie dem Showkomitee der Modewoche besteht, ausgezeichnet wird, erhält sowohl ein Preisgeld als auch Unterstützung bei der Showproduktion. Zum Beispiel bei der Suche nach einer Venue oder einem Backstage Coordinator.
Ganni nutzt KI als Stimme seiner Community und Werte
Nach wie vor der Scandi Star: Ganni. Der Runway der dänischen Marke lenkte auch diese Saison wieder die Augen der internationalen Szene auf sich. Nicht zuletzt, weil sie ihre Show auf den aktuellen Buzzthemen der Mode aufbaute: Nachhaltigkeit - klar - und künstliche Intelligenz. Creative Director Ditte Reffstrup wollte aller Skepsis entgegen einen Weg erkundigen, der KI in der Mode mit Bedacht einsetzt. Der dazu beiträgt, die Werte einer Marke und ihrer Community zu kommunizieren, sowie sie auf einem tieferen Level zu verstehen.
Gemeinsam mit Cecilie Waagner Falkenstrøm und ihrem Studio Artificial Mind, kreierte der Brand dafür ein personalisiertes GPT-Tool. Bedeutet vereinfacht: Ein Tool, das ähnlich wie ChatGPT funktioniert und trainingsbasiert Informationen generieren kann. Um die Essenz dessen, für was Ganni steht und welche Themen seine Fans bewegen, zu verstehen, basierte das Training hier auf vielseitigen Daten der Marke, sowie online Interviews und Social Media Kommentaren der Community. Das Resultat: Nachhaltigkeit, Socialising und eine wünschenswerte Zukunft - all diese Werte wurden in die Stimme der KI integriert. Während der Show konnten Gäste mit ihr interagieren und Fragen stellen. Die Antworten schallten in einer sanften, computerisierten Stimme aus Lautsprechern, die an Bäumen, die wie eine Allee um den Catwalk standen, befestigt waren. Ihr Inhalt: Gannis Weltansicht, positive Energie und die Magie eines verantwortungsvollen Lebens.
Copenhagen Fashion Week 2023: Buzz rund um Kollaboration, Next Gen Materialien & Diversität
Laut Angaben des Labels gegenüber Vogue Business ging es nie darum, eine AI-generierte Kollektion zu erstellen. Vielmehr war es das Ziel zu zeigen, dass künstliche Intelligenz ihren eignen, ergänzenden Raum in der Mode einnehmen kann. Ohne den kreativen Prozess oder seine Freiheit zu übernehmen. Dass dieses Statement wichtig ist, beweist die zunehmende Skepsis gegenüber der Technologie - befeuert durch die Angst, dass sie Designer:innen, Creative Directors und andere plötzlich obsolet erscheinen lässt. Doch genau das wollen nachhaltige Marken wie Ganni nicht. Was beweist: In den richtigen Händen hat KI ein beispielloses Potenzial, um Botschaften aufregender denn je zu kommunizieren und immersive Erlebnisse in der phygitalen Welt zu kreieren. Es geht um Ergänzung statt Ersatz.
Obwohl der Brand die KI nicht für die Kollektion selbst benutzt hat, diente sie als Inspiration für manche Designs. Signature Styles und Silhouetten - florale Prints, Spitze, Denim und Leder - wurden durch skulptierte Kleider mit organischen Elementen, sowie metallische Looks ergänzt. Über die KI hinaus erwähnenswert: Ganni enthüllte neue Kollaborationen mit New Balance, Ace & Tate und Model Paloma Elsesser, die für Body Positivity steht. Auch ihre Kollektion inkludiert Modelle für jeden Körper.
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Parallel zu diesen Reveals wurden drei Next Gen Materialien aus der "Fabrics of the Future" Initiative der Marke präsentiert: Oleatex, eine Lederalternative aus Abfällen der Olivenölproduktion; Algreen, biologisch abbaubare und recycelbare Pailletten aus Algen sowie landwirtschaftlichen Abfällen; und Circulose, ein recyceltes Material, das zu 100 Prozent aus ausrangierten Textilabfällen besteht.
Oslo Runway verstärkt Ansprüche an Nachhaltigkeit teilnehmender Marken
Bis dato weniger bekannt als die CPHFW aber garantiert nicht weniger spannend: Der Oslo Runway, der gerade vom 14. bis 19. August stattfand. Schon 2022 starteten das dänische und das norwegische Fashion Event eine Partnerschaft. Ihr Ziel: Grüne Commitments entlang all ihrer teilnehmenden Marken als Standard zu etablieren. Dieses Jahr führte der Oslo Runway sogar die Nachhaltigkeitsanforderungen der CPHFW ein. Alle Brands müssen als Voraussetzung für ihre Teilnahme über ihren nachhaltigen Ansatz berichten und eine ethische Charta für die Modeindustrie sowie eine Vereinbarung über Vielfalt und Integration für Models und Mitarbeiter:innen unterzeichnen.
Was bedeutet die Copenhagen Fashion Week 2023 für die Zukunft?
Die aktuelle Edition der CPHFW hat bewiesen, dass Nachhaltigkeit stets auf das nächste Level gebracht werden kann. Dass ambitioniertes Engagement nicht stagniert, sondern wächst und immer mehr Bereiche in der Mode einnehmen kann. Es bleibt spannend zu beobachten, wie die teilnehmenden Marken ihren nachhaltigen Ethos für die nächste Saisons beschleunigen werden.
Zudem ist die Copenhagen Fashion Week 2023 durch Ganni zu einer wichtigen Plattform für die direkte Auseinandersetzung mit der Skepsis der Modebranche gegenüber KI geworden. Natürlich lassen sich Ängste vor der Übernahme von Arbeitsplätzen, sowie Risiken rund um künstlerische Freiheit, die mit künstlicher Intelligenz verbunden sind, nicht durch eine Modenschau beseitigen. Allerdings hat der Brand gezeigt, dass die Industrie die Technologie einsetzen kann, um unvergessliche Erlebnisse zu kreieren. Und Menschen in personalisierte Markenerlebnisse eintauchen zu lassen. Es kann um Storytelling statt reservierte Optimierung gehen.
Unser Learning: Die Relevanz phygitaler Mode wächst und kann zum Tool werden, Marken auf einer tiefen Ebene zu verstehen. Dabei ist KI weit davon entfernt, weder gutes Design noch Jobs zu ersetzen. Vielmehr kann sie sich in bestehende Prozesse einfügen und ergänzend bereichern. Parallel dazu ergeben sich jedoch unweigerlich Herausforderungen, dessen Bewältigung in den nächsten Jahren an Relevanz gewinnen wird.
