Sternekoch Alexander Herrmann über Food-Trends, Raffinesse und Herz

Im Dialog mit Alexander Herrmann - Kreativität in der Gastronomie und die Bedeutung der Regionalität

Fairtrade Schokolade, Bio Wein
Bildquelle: Alexander Herrmann

Vier Bücher, eine eigene Radiosendung und die Moderation mehrerer Kochshows machten Alexander Herrmann seit dem Ende der 90er Jahre zu einem der beliebtesten Fernsehköche Deutschlands. Seine ganze Leidenschaft können Sie in seinen Restaurants in Wirsberg und Nürnberg schmecken. Was viele jedoch nicht wissen, dass er mit ausgefallenen Ideen und einem eigenem Food-Scout stets auf der Suche nach Wegen ist, um die Lebensmittelindustrie in der Region zu fördern.

Fränkische Gourmetküche vom Sternekoch Alexander Herrmann

In einem historischen Fachwerkhaus mitten im idyllischen Wirsberg liegt das „Posthotel Alexander Herrmann“. Hier befindet sich der ganze Stolz des Bayern: das gleichnamige Gourmetrestaurant, dessen wechselnde Fleisch- und Gemüse-Menüs vom Guide Michelin mit 2 Sternen ausgezeichnet wurden.

Etwas legerer geht es im „Imperial“ am Rande der Nürnberger Altstadt zu. Hier wird fränkische Küche auf das Wesentliche reduziert. Im Erdgeschoss des gleichen Gebäudes befindet sich das Fränk’ness, wo die legendäre fränkische Ofenküche neu konzipiert wird.

Acht Fragen an Fernsehkoch Alexander Herrmann

1. Was war Ihr erstes selbstgekochtes Gericht?

Gekocht vielleicht nicht, aber kreiert. Ich bin in unserem Familienhotel aufgewachsen und hatte daher jeden Morgen frische Brötchen. Als ich in die Schule kam, hatten alle meine Freunde weiche, fast schon gummiartige Pausenbrote. Dies fand ich extrem beneidenswert. Deshalb habe ich meine frischen Brötchen über Nacht in eine Plastikfolie gewickelt, am nächsten Morgen aufgeschnitten und einen Schaumkuss dazwischen geklemmt. Dieses labbrige Schaumkussbrötchen war meine erste Kreation. Und ich war wahnsinnig stolz darauf.

2. Wie setzen Sie Ihre persönliche Handschrift auf jedes Menü?

Für die Menüentwicklung haben wir einen strikten Prozess: Ich setze mich einzeln mit meinem jeweiligen Küchenchef zusammen und lasse sie die Produkte vorschlagen, mit denen sie im neuen Menü kochen wollen. Das ist wichtig, weil sie natürlich nicht nur für die Produktqualität, sondern auch für den Preis und die Menge zuständig sind. Anschließend werden die Produkte den einzelnen Gängen der Menüs zugeordnet und weiter ausformuliert.

Vier bis sechs Tage später folgt ein zweiter Termin zum Probekochen. Dazwischen geht der jeweilige Küchenchef die Menüs mit seinem Team durch und lässt dieses an der Ausarbeitung der einzelnen Gerichte teilhaben. So kann das Team nicht nur gemeinsam an Problemlösungen arbeiten, sondern wird gleichzeitig Teil der Menükreation. Beim Probekochen werden die Gerichte schließlich finalisiert, angerichtet und probiert, bevor ich das finale "Go" gebe. Auf diese Weise ist es möglich, dem Menü nicht nur meine, sondern auch die unverwechselbare Handschrift des ganzen Teams zu verleihen.

Imperial

Bildquelle: Imperial by Alexander Herrmann

3. Was sind einige Ihrer Projekte im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit?

Ich muss zugeben, ich nehme das Wort Nachhaltigkeit ungern in den Mund, da es in unserer heutigen Gesellschaft wahllos verwendet wird. Trotzdem wollen wir natürlich mit den Ressourcen bewusst umgehen – das ist in meinen Augen aber eher eine ethische Haltung als eine kopfgesteuerte Nachhaltigkeitsfrage.

Bei uns wird ein Großteil der Lebensmittel aus dem näheren Umkreis bezogen und wir arbeiten dabei mit sechzig Lieferanten von Gemüse über Fleisch bis hin zu exotischen Früchten zusammen. Letztere stammen aus einem viertausend Quadratmeter großen Gewächshaus, das mit der Abwärme einer Glasfabrik beheizt wird. Von hier erhalten wir zum Beispiel Papayas oder auch seltene Calamondin-Orangen. So verursachen wir weder CO2 noch lange Transportwege und unterstützen gleichzeitig die Wirtschaft unserer Region.

Alexander Herrmann

Posthotel & Gourmet Restaurant Alexander Herrmann in Wirsberg

4. Beobachten Sie bei Ihren Gästen ein verändertes Verhalten aufgrund der medienwirksamen Berichterstattung zum Thema Fleischkonsum?

Wir haben in unserem Gourmetrestaurant schon seit fünf Jahren zwei verschiedene Menüs: Das eine ist das Menü „KONTRAST“, in dem ganz normal Fisch und Fleisch angeboten wird. Das zweite Menü trägt den Namen „OFF“ und steht für „Ohne Fisch Fleisch“.

Vor fünf Jahren waren es circa 10% unserer Gäste, die sich für das vegetarische Menü entschieden, heute liegt die Zahl bei etwa 40%. Man sieht somit deutlich, dass meine Gäste, wie auch unsere Gesellschaft, ein gesteigertes Bewusstsein für eine gesunde Ernährung entwickelt haben. Natürlich ist es auch besonders spannend, ein reines Gemüsemnü vom Zwei-Sterne-Koch zu probieren.

Generell aber haben wir keine Fleisch- und Fischkonsum-Diskussion, da wir unser Fleisch direkt aus der Region beziehen und das ganze Tier verarbeiten. Zwar landen im Gourmetrestaurant vor allem die sogenannten Nobelstücke auf dem Teller, die anderen Teile aber finden ihren Platz in unserem Bistro oder bei regelmäßigen Veranstaltungen wie Brunch, Sommerfest oder Kochkursen.

Alexander Herrmann

Bildquelle: Gourmet Restaurant Alexander Herrmann

5. Superfoods, glutenfrei, vegan: Wie beurteilen Sie die aktuellen Trends der Lebensmittelindustrie und das Konsumverhalten der Käufer?

Mir steht es nicht zu, die Entwicklungen der Lebensmittelindustrie oder das Konsumverhalten der Käufer zu beurteilen. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Eines ist aber klar: Die meisten vegetarischen oder veganen Fleischersätze sind schlechter als das Original. Der Konsument fällt darauf herein und das, obwohl alle Zusatzstoffe ganz klar auf der Verpackung angegeben werden. Da würde auch die Ernährungsampel, deren Einführung gerade wieder diskutiert wird, meiner Meinung nach nicht helfen.

Zudem würde sie sowieso auf fast 80% aller Lebensmittel in den Supermärkten rot aufscheinen. Das Gleiche gilt für Omas Vanillekipferl, die sie jedes Jahr zu Weihnachten backt. Zu viel Butter, zu viel Zucker, zu viel Fett. Der einzige und wichtigste Unterschied sind die Zutaten. Oma kauft nämlich nicht die billigste Butter und kippt möglichst viel Zucker in den Teig, sondern schaut vor allem auf Qualität. Das heißt, es ist nicht nur wichtig zu wissen welche Lebensmittel ich benutze, sondern auch woher diese stammen.

6. Was denken Sie, wird der Zukunftstrend in der Gastronomie in zwanzig Jahren sein?

Diese Frage gestaltet sich in meinen Augen recht vielschichtig. Vielleicht halten sogar die ersten Kochroboter Einzug in die Gastronomie. Andererseits bin ich aber der Überzeugung, dass gutes Kochen schwer zu ersetzen ist. Wir sind halt nicht so schnell wegzurationalisieren.

In Bezug auf die Produkte wird sich das Essensverhalten insofern ändern, dass uns die heutigen Mengen Fleisch und Fisch wahrscheinlich gar nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Bei der Menge an Menschen, die ernährt werden müssen, kann es ohne die perfekte Landwirtschaft einfach nicht funktionieren. Einerseits werden und müssen gewisse Spritzmittel natürlich verboten werden, andererseits werden wir ohne diese Mittel natürlich auch Ernteeinbußen erleiden. Diesen Zwiespalt muss man zu lösen versuchen.

Dass wir in Zukunft alle nur Bio-Produkte essen, ist eher unrealistisch. Allerdings wird es in den nächsten zwanzig Jahren sicherlich einen großen Schritt hin zu qualitativ hochwertigeren Produkten geben. Dennoch wird wohl immer eine hohe Dunkelziffer existieren, die sich genauso schlecht ernährt wie heute. Es ist und bleibt eben einfach immer auch eine Frage der Priorität.

Alexander Herrmann

Restaurant Imperial & Fränk' ness in Nürnberg

7. Ihre TV-Shows und Bücher haben Sie zu einem Star gemacht. Sehen Ihre Kinder Sie auch so?

Auch wenn man in der Öffentlichkeit steht, erlebt man zu Hause die gleichen Erziehungsmomente wie andere Eltern auch. Über das Thema öffentliches Ansehen haben wir eigentlich noch nie geredet. Es ist jetzt nicht so, dass irgendjemand sagt: Boah ey, mein Papa ist der große Star! Für meine Kinder ist mein Beruf Normalität. Die Frage ist also insofern nicht zu beantworten, weil wir sie uns selber nie gestellt haben.

8. Geben Sie uns doch bitte einen Tipp für ein perfektes Date-Dinner?

Wenn man sein Gegenüber loswerden möchte, dann etwas mit sehr viel Knoblauch. Als Hauptspeise gibt es Penne all'arrabbiata mit so viel Knoblauch, dass ausreichend Hemmungen geweckt werden, um den gefürchteten Kuss zu vermeiden.

Die Voraussetzung für das perfekt Dinner: Es sollte in Herz und Seele gehen. Deshalb bin ich ein großer Pasta-Fan. Ich bin der Überzeugung, dass der Mann in erster Linie zeigen sollte, dass er sich Mühe gegeben hat. Es muss also keine Sterneküche sein. Mit einem schönen gebratenen Fisch oder einem leckeren Salat sind Sie schon sehr weit. Das Allerwichtigste aber ist die Menge: Es darf nicht zu viel sein. Das perfekte Date endet ja in der Regel nicht nach dem Dinner.

Vielen herzlichen Dank Herr Herrmann.

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